Federico García Lorcas frühe poetologische Vorträge als avantgardistische Lektüre der Tradition (Promotionsprojekt)


Allgemeine Angaben

Projektbeginn
Freitag, 01. Mai 2015
Projektende
Dienstag, 29. September 2020
Status
abgeschlossen
Hochschule
Universität Würzburg
Thematik nach Sprachen
Spanisch
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft

Aktiv beteiligte Person(en)

(z.B. Kooperation, Mitarbeiter, Fellows)

Christoph Hornung

Passiv beteiligte Person(en)

(z.B. Betreuer, Berater)

Gerhard Penzkofer


Exposé

Das lyrische und das dramatische Werk des spanischen Dichters Federico García Lorca (1898-1936) wurden umfassend und vielfach analysiert und kommentiert. Eine andere Situation liegt hinsichtlich seiner poetologischen Vorträge vor: Diese waren nur punktuell Gegenstand einer intensiven Kommentierung und sind zumeist in Analysen der poetischen, literarischen oder narrativen Texte Lorcas integriert. Das Dissertationsprojekt wählt einen anderen Ansatz: Es rückt die Vorträge in den Vordergrund und legt eine umfassende Analyse von Lorcas frühen poetologischen Vorträgen vor.

Speziell werden die ersten vier Vorträge Lorcas untersucht:
Importancia histórica y artística del primitivo canto andaluz llamado „cante jondo“ (1922), La imagen poética en don Luis de Góngora (1926-1930), Paraíso cerrado para muchos, jardines abiertos para pocos (1926) und Imaginación, inspiración, evasión (1928).

Das Projekt erarbeitet eine umfassende Darstellung der Inhalte, Thesen, Verfahren sowie literatur- und diskursgeschichtlichen Verflechtungen dieser Texte. Der methodische Fokus bei der Darstellung setzt an einem Spezifikum Lorcas und der generación del 27 an: Traditionelle Gegenstände treten in Lorcas Texten gemeinsam mit avantgardistischen Zielsetzungen und Verfahren auf. So haben seine Vorträge den Flamenco bzw. cante jondo oder die Barockdichter Luis de Góngora und Soto de Rojas zum Gegenstand oder reflektieren Lorcas eigene Verwendung der traditionellen Romanzenform. Bei der Perspektivierung dieser Kopräsenz von Avantgardismus und Traditionalität greift die Arbeit auf zwei Ansätze zurück. Zum einen ist dies der Ansatz von Schneider (2005), der wiederum auf den Ansatz von Gumbrecht (1982) zurückgreift. Die Genannten verstehen Lorcas Interesse an den genannten Gegenständen gerade als Ausdruck seines Avantgardismus, da diese bis dato aus dem literarischen und künstlerischen Kanon ausgeschlossen waren. Als Gründe sehen sie deren Inkommensurabilität mit den poetologischen Fundamenten der hegemonialen Literaturkritik und –geschichtsschreibung. Mit den Poetiken der Avantgarden seien die Themen aber vor allem aufgrund des knappen und kondensierenden Ausdrucks kompatibel, der seine Hauptmanifestation in der Metapher findet. Zum zweiten greift die Arbeit auf García Monteros Formel einer ‚avantgardistischen Lektüre der Tradition‘ (García Montero 1990, 2007) zurück: Lorca filtert, so García Montero, traditionelle Gegenstände durch die ‚metaphorischen Prozesse der Avantgarden‘. Im Anschluss daran setzt die Arbeit die spezifisch moderne schöpferische Imagination ins Zentrum dieser Prozesse, die bei Lorca zu beobachten ist und in Nachfolge des Creacionismo und dessen Rezeption des französischen Symbolismus sowie unter Einfluss von Ortega y Gassets Begriff der deshumanización steht. Durch Lorcas Anwendung dieses Imaginationskonzepts auf die genannten Gegenstände kommt, wie die Arbeit argumentiert, eine avantgardistische Perspektivierung und teils Vereinnahmung der traditionellen Gegenstände zustande.

Gegenüber der genannten Ansätze ist ein Spezifikum des Dissertationsprojektes, dass diese Ansätze nicht primär auf Lorcas lyrische Produktion oder auf einzelne Aussagen seiner Vorträge, sondern dezidiert und in einer umfassenden Analyse und Kontextualisierung auf einen chronologisch zusammenhängenden Ausschnitt auf Lorcas Vortragswerk angewandt werden. So wird die jeweilige Adäquatheit der genannten Ansätze erprobt und auf ein größeres Korpus bezogen. Kontinuitäten wie Diskontinuitäten in Lorcas poetologischer Entwicklung herausgearbeitet. So wird herausgestellt, dass Lorcas Vorträge über den cante jondo und über Luis de Góngora bei zahlreichen Unterschied nicht zwei vollkommen disparaten Phasen zuzuordnen sind, sondern über das Merkmal der avantgardistischen Lektüre und dem Interesse am knappen, essentiellen metaphorischen Ausdruck der schöpferischen Metapher auch miteinander verbunden sind.
Mit ihrem Korpus schlägt die Arbeit den Bogen von Lorcas früher “folkloristischer” Phase über seine “gongorinische” oder “enthumanisierte” Phase bis zu seiner surrealistisch geprägten Phase.


Anmerkungen

keine

Ersteller des Eintrags
Christoph Hornung
Erstellungsdatum
Donnerstag, 08. Mai 2014, 13:22 Uhr
Letzte Änderung
Dienstag, 29. September 2020, 21:54 Uhr