ReLü - Rezensionszeitschrift zur Literaturübersetzung (Zeitschriftenheft)


Allgemeine Angaben

Publikationsdatum
Juli 2010
Jahrgang
I
Nummer
1
Weiterführender Link
www.relue-online.de
ISSN
1861-4981
Thematik nach Sprachen
Sprachübergreifend
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft, Sprachwissenschaft
Schlagwörter
Literatur, Übersetzen, Literaturübersetzen, Literaturkritik

Exposé

Die 10. Ausgabe der Online-Rezensionszeitschrift zur Literaturübersetzung (ReLü) ist ab sofort unter www.relue-online.de abrufbar.

Seit fünf Jahren ist es der Zeitschrift ein Anliegen, in Kenntnis des Originals die deutschsprachigen Übersetzungen hinsichtlich ihrer Stimmigkeit als eigenständige Texte zu beurteilen.

Ausgabe 10 erteilt schwerpunktmäßig den Übersetzern selbst das Wort. Dabei berichtet Anja Malich Ernüchterndes über den unplanbaren Arbeitsalltag einer Übersetzerin. Von Ulrich Blumenbach und Christian Hansen erfahren wir Erhellendes über kreative Freiheiten und Christine Becker schließlich zeigt Bedenkliches über das Auswahlprozedere des Literaturnobelpreiskomitees auf. Natürlich finden sich wie immer auch Rezensionen belletristischer Titel aus verschiedensten Sprachen, z.B. zur Neuübersetzung des russischen Romanklassikers Väter und Söhne von Iwan S. Turgenjew und zur Frage nach der Übersetzung eines Kunstsprachen-Dialekts in Philippe Claudels französischem Roman Brodecks Bericht. Auch Rezensionen wissenschaftlicher Werke zum Übersetzen finden in ReLü Nr.10 ihren Platz: Anja Schnabel kommentiert Alexander Nebrigs Rhetorizität des hohen Stils zu deutschen Racine-Übertragungen, Rolf Pütter rezensiert Irène Kuhns Habilitationsschrift über Antoine Berman und Marlon Poggio stellt Erich Prunčs Entwicklungslinien der Translationswissenschaft vor.

Mit dem Internet-Projekt ReLü ist eine ‚neue Generation’ der Literaturkritik herangewachsen, die sich des Übersetzt-Seins der Texte aus anderen Sprachen bewusst ist und diese auch entsprechend würdigt. ReLü rezensiert in der festen Überzeugung, mit Übersetzungskritik nicht einfach eine niedliche Nische zu füllen, sondern alternative, aber dringend notwendige Anregungen für bewusstes Lesen zu bieten.

Die neue Ausgabe können Sie unter http://www.relue-online.de abrufen. Mit dem kostenlosen Abonnement unseres Newsletters unter http://www.relue-online.de/relue/newsletter/ werden Sie regelmäßig über neue Ausgaben informiert.
Gerne sind Sie auch eingeladen, selbst einen Text für ReLü zu verfassen: Setzen Sie sich hierzu doch einfach mit den verantwortlichen Redaktionsleiterinnen in Verbindung:
Für belletristische Rezensionen: Karolin Viseneber literatur@relue-online.de
Für Rezensionen wissenschaftlicher Titel: Caroline Sauter wissenschaft@relue-online.de
Über ReLü:

In der ReLü besprechen die Rezensenten übersetzte Literatur bewusst im Hinblick auf ihre Übersetzung. Die Online-Zeitschrift entstand 2005 als Initiative von Studierenden und Lehrenden des Diplomstudiengangs Literaturübersetzen, kurz LÜ, der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und hat sich inzwischen als ein anerkanntes Forum für Literaturübersetzung und deren Kritik etabliert, nicht zuletzt durch Interviews mit namhaften Autoren und Übersetzern wie etwa Jean-Philippe Toussaint oder Georges-Arthur Goldschmidt.

Kontakt: Redaktion ReLü
E-Mail: info@relue-online.de
Homepage: http://www.relue-online.de

Inhalt

Übers Übersetzen

Dark Side of the Loom
Christian Hansen über 2666 von Roberto Bolaño und den Teil von den Übersetzern
Übersetzer agieren im Lummerland: also in einem Land, das nicht sein darf. Denn was schon einmal als so genanntes „Original“ besteht, darf nicht zweimal existieren. Christian Hansen verdeutlicht dieses Paradox anhand der von Jorge Luis Borges erfundenen Figur Pierre Menard, der den Don Quijote einfach neu schreibt, Jahrhunderte später, aber doch in exakt demselben Wortlaut. Wie wäre die Widersprüchlichkeit des Übersetzens besser dargestellt? Hansen führt uns mitten hinein in das vorbabylonische Lummerland, wo er die Autoren der Werke – nicht zuletzt ,seinen‘ Roberto Bolaño und dessen Roman 2666 – neu erfindet.

Goethe in Boston
Ulrich Blumenbach
Eine Marginalie zur Übersetzung von Infinite Jest
Im Geständniswahn zunehmender Alkoholisiertheit vermischt Rémy Marathe, eine der skurrilen Figuren aus David Foster Wallace’ Roman Unendlicher Spaß, in einem Kneipengespräch mehr und mehr Elemente seiner angeblich schweizerischen Heimat mit seiner wahren frankokanadischen Herkunft. In dieser Verwebung von Fremdem und Eigenem liegt für Ulrich Blumenbach, den preisgekrönten deutschen Übersetzer von Wallace’ Mammutwerk, eine Analogie zu seinem Beruf, schmuggelt er doch gelegentlich deutsches literarisches Kulturgut in seinen deutschen Foster Wallace mit hinein. Die Übersetzung wird somit zu einer Echokammer der deutschen Literatur.

Zeitmanagement
Anja Malich
Eine Glosse zum Übersetzeralltag
Literatur zu übersetzen erfordert vor allem sprachliches Feingefühl und Kreativität. Im Übersetzeralltag jedoch spielt auch die Fähigkeit zum effektiven Zeitmanagement keine unwichtige Rolle: So sorgen die Verlage A, B und C, die voraussichtlichen Frühjahrs- und Herbstprogramme, ein nicht abgehörter Anrufbeantworter und nicht zuletzt eine gewisse Unverbesserlichkeit der Übersetzerin dafür, dass es meistens sowieso ganz anders kommt als geplant.

Ohne Übersetzer kein Preis
Christine Becker über die Rolle der Übersetzung bei der Vergabe des Literaturnobelpreises
Der Literaturnobelpreis, die höchste Auszeichnung für Literaturschaffende, sieht sich einem grundlegenden Problem gegenüber: Die Mitglieder der Auswahlkommission an der Schwedischen Akademie verfügen über je verschiedene Sprachkenntnisse, meist jedoch bleiben diese auf die so genannten ‚großen‘ europäischen Sprachen beschränkt. Wie versuchen sie, dieser misslichen Lage zu begegnen, und welche weiteren (Übersetzungs-) Hindernisse sind auf dem Weg zur Nominierung zu nehmen?

Literatur

Generationen
Marina Alexandrova über Väter und Söhne von Iwan S. Turgenjew aus dem Russischen übersetzt von Annelore Nitschke
Lehnen sich Söhne gegen Väter auf, dann aus der Überzeugung, etwas Andersartiges schaffen zu können. So Jewgeni Basarow in Ivan S. Turgenjews Romanklassiker Väter und Söhne. Das Miteinander der Generationen erlebt der Leser im Russland des 19. Jahrhunderts, indem er mit zwei Studenten in die Kutsche steigt, um zu ihren Familien zu fahren. Annelore Nitschkes feinfühlige deutsche Übersetzung vollzieht die politisch brisanten Generationenkonflikte in Turgenjews Klassiker zeitgemäß nach.

Bitte Alles. Außer Hochdeutsch.
Silke Pfeiffer über Brodecks Bericht von Philippe Claudel aus dem Französischen übersetzt von Christiane Seiler
Die Banalität des Bösen im Kleinsten – der Trend geht zum Dorf. Zunächst die sadistische Kindergang aus Michael Hanekes Spielfilm Das weiße Band, die am Vorabend des 1. Weltkrieges ein norddeutsches Dorf terrorisierte. Nun ein 400-Seelen-Dorf, das gemeinschaftlich einen Mord begeht, um noch Schlimmeres nicht ans Tageslicht kommen zu lassen. Hier ist auch Brodeck mit seiner Familie untergekommen.

Wissenschaft

Aus der Erfahrung das Denken
Rolf Pütter über Antoine Bermans „produktive“ Übersetzungskritik von Irène Kuhn
Als Literaturübersetzerin und Hochschuldozentin hat Irène Kuhn die Erfahrung gemacht, dass die Leistungen der Übersetzer in der Literaturkritik viel zu wenig beachtet werden. Hier kann ihr Buch Abhilfe schaffen: Antoine Bermans Methode der Übersetzungskritik wird von ihr vorgestellt, durch ihre eigene Übersetzung zugänglich gemacht und anhand von vier deutschen Übertragungen des Baudelaire-Gedichtes Les petites vieilles auf Tauglichkeit überprüft. Damit legt Irène Kuhn die Erprobung eines neuartigen Konzeptes vor und eröffnet der Übersetzungskritik im deutschen Sprachraum neue Möglichkeiten.

Vom Wort zur Tat. Ein Weg durch die Translationswissenschaft
Marlon Poggio über Entwicklungslinien der Translationswissenschaft von Erich Prunč
In seinen Entwicklungslinien der Translationswissenschaft stellt Erich Prunč die etappenreiche Genese der Translationswissenschaft von einer Interdisziplin bis hin zum heute eigenständigen Fach dar. Hierbei kommt er durch seine klare Darstellungsart der breiten Leserschaft entgegen, ohne jedoch die Bedürfnisse des erfahrenen Studiosus im Geringsten unbefriedigt zu lassen, für den das Werk ein Wissensschatz ist. Trotz weniger Schönheitsfehler gelingt Prunč in seinem Einführungswerk die wesentliche Verbindung von Wissenschaft und Populärmedium, denn Translation als Politikum geht jeden etwas an.

Von der Bühne zum Buch – alles andere als tragisch
Anja Schnabel über Rhetorizität des hohen Stils von Alexander Nebrig
Wie spannend können Tragödien aus dem 17. Jahrhundert für einen heutigen Leser sein? Haben uns die tragédies classiques und ihre Übersetzungen im Zeitalter von Twitter & Co. überhaupt noch etwas zu sagen? Alexander Nebrig stellt in seiner Studie anhand zweier Übersetzungswellen die literaturgeschichtlichen Unterschiede deutscher Racine-Übersetzungen vor und veranschaulicht damit gleichzeitig die noch heute faszinierenden philologisch-rhetorischen Mittel des französischen Bühnenklassikers.


Anmerkungen

keine

Ersteller des Eintrags
Katrin Goldenstein
Erstellungsdatum
Samstag, 17. Juli 2010, 08:33 Uhr
Letzte Änderung
Samstag, 17. Juli 2010, 08:33 Uhr