Quotenkiller oder Qualitätsfernsehen? TV-Serien aus französisch- und spanischsprachigen Kulturräumen (Sammelband)


Allgemeine Angaben

Herausgeber

Julien BobineauJörg Türschmann

Verlag
Springer VS
Stadt
Wiesbaden
Publikationsdatum
2022
Reihe
1
Weiterführender Link
https://link.springer.com/book/10.1007/978-3-658-36169-3
ISBN
978-3-658-36169-3 ( im KVK suchen )
Thematik nach Sprachen
Französisch, Spanisch
Disziplin(en)
Medien-/Kulturwissenschaft
Schlagwörter
Genre Studies, Media and Globalisation, Television Studies, European Film and TV

Exposé

Fernsehserien prägen Wissenschaft und Kultur, Alltagsdiskussionen und tiefschürfende Konversationen. Sie gleichen in mancher Hinsicht den Hausbüchern, deren Lektüre seit dem Mittelalter der täglichen Unterweisung in gesunder Ernährung, Gartenbau, christlichem Glauben und geschickter Haushaltsführung dient. Serienfiguren geben entsprechende Lebensweisheiten von sich und modellieren die Ideenwelten von Forschung und Lifestyle. Fernsehserien sind nicht erst in der Diskussion, seit US-Streamingdienste, Pay-TV-Sender und DVD-Vermarktung ihre Verbreitung fördern. Neu ist auch nicht, dass ein besonderes Augenmerk auf US-Serien liegt, bloß weil die nordamerikanische Fernsehlandschaft werbefreie Bezahlsender und Eigenproduktionen hervorgebracht hat, die im Einzelfall zum Kanon eines Quality-TV erklärt worden sind. Doch der bisherige Fokus der TV-Serienforschung auf US-amerikanische Produktionen hat gemeinsam mit dem steten Aufstieg innovativer Serienformate aus der Romania zu einer großen Forschungslücke geführt. Der Sammelband versucht diese Leerstellen durch ausgewählte Überblicksbeiträge und Fallstudien zu schließen und zu weiterführenden Forschungen innerhalb der Literatur-, Kultur-, Medien- und Filmwissenschaften anzuregen. Dabei stellt das Buch Serien aus dem spanischen und französischen Sprachraum in den Mittelpunkt. Zu diesem Zweck gehen die folgenden, meist kulturwissenschaftlich orientierten Beiträge vor dem Hintergrund von Fernsehgeschichte und Serientradition dem medienkulturellen Stellenwert ihres jeweiligen Gegenstands nach.

Zum Aufbau:
Manuel Palacio (Madrid) bietet einen breiten Überblick über die Geschichte der spanischen TV-Serie und zeichnet dabei übergreifende
Tendenzen sowie weitreichende Entwicklungen anschaulich nach. Charo Lacalle (Barcelona) analysiert die teils stereotypen Darstellungen von
Roma-Figuren in der TV-Serienlandschaft Spaniens, indem sie die Komödie Arde Madrid umfassend analysiert. Vincent Fröhlich (Marburg) verfolgt
inter- und transkulturelle Ansätze bei der Fallanalyse der spanischen Historienserie Gran Hotel und stellt dabei technologiegeschichtliche Betrachtungen in
den Vordergrund. Jörg Türschmann (Wien) geht in seinem Beitrag dem großen internationalen Erfolg der galicischen TV-Serie O sabor das margaridas aus
narratologischer Perspektive auf den Grund und lotet die Grenzen und Potenziale glokaler Produktionsstrategien aus. Karen Genschow (Frankfurt) und Gabriella Lambrecht (Würzburg) erweitern die Perspektive des Sammelbandes auf lateinamerikanische Produktionen: Während Genschow drei Telenovelas aus Argentinien, Brasilien und Spanien im Hinblick auf Diktaturerfahrungen und die Konstruktion kollektiver Gedächtnisse miteinander vergleicht, analysiert Lambrecht die Ästhetik der Gewalt in der chilenischen TV-Serie Prófugos. Auch Maribel Cedeño (Siegen) beschäftigt sich im weitesten Sinne mit außereuropäischen Perspektiven und verbindet in ihrer Untersuchung die transnationale Poetik mit der kosmopolitischen Identität des mexikanischen Cineasten Guillermo del Toro am Beispiel der Vampir-Serie The Strain. In ihrem Beitrag blickt Katrin Ackermann (Salzburg) auf Intersektionalität, Faktentreue, den Cesare-Mythos und Identitätskonstruktionen in Borgia, einer international koproduzierten Historienserie mit französischer Beteiligung, während sich Julien Bobineau (Würzburg) in seinem Beitrag einer Tiefenanalyse des Heist-Genres in der Romania widmet und die Erzählstrukturen der spanischen Erfolgsserie La casa de papel mit dem Aufbau der französischen Netflix-Produktion Lupin vergleicht. François Jost (Paris) geht anhand der französischen Spionage-Serie Le bureau des légendes exemplarisch auf die Umsetzung von seriellen Qualitätskriterien im französischen Fernsehen ein. Der Beitrag von Marc Blancher (Stuttgart) nimmt das international erfolgreiche Format Le bureau des légendes dagegen zum Anlass, um im Zuge einer Skizzierung der Geschichte französischer Kriminalserien auf sich entwickelnde Hybridisierungsprozesse aufmerksam zu machen. Jan Rhein (Flensburg) setzt sich mit der Figuration der sogenannten Millenials in den drei französischen TV-Serien Bref, Bloqués und Il revient quand Bertrand? auseinander und konzentriert sich im Rahmen seiner Studie auf generationelle Klischees und die übergeordnete Rolle der Sozialen Medien. Kirsten von Hagen (Gießen) untersucht in ihrem Beitrag die Einflüsse von Balzacs Comédie Humaine auf Marjorie im Hinblick darauf, inwiefern das gesellschaftsabbildende Programm die französische Miniserie zu einem ‚Balzac für unsere Zeit‘ werden lässt. Robert Lukenda (Innsbruck) betrachtet ebenfalls die Wechselwirkung von französischer Literatur und rezenten TV-Serien, lenkt den Blick allerdings auf die gegensätzliche Fließrichtung, indem er nach der Beeinflussung französischer Gegenwartsliteratur durch das Fernsehen fragt. Christian Wehr (Würzburg) widmet sich einer Studie der französischen Miniserie P’tit Quinquin und ihrer burlesk-komischen Episoden, die als Instrumente einer subtilen Charakterisierung tiefergehend analysiert werden. Christoph Vatter (Saarbrücken) richtet den Blick auf das frankokanadische Fernsehen der Provinz Québec im Osten Kanadas, indem er ausgehend vom téléroman kulturelle Identitätskonstruktionen und die Verhandlungen einer frankokanadischen ‚Amerikanität‘ in den Mittelpunkt der Betrachtungen rückt.

Inhalt

1. Julien Bobineau (Würzburg) & Jörg Türschmann (Wien): Zur Einführung
2. Manuel Palacio (Madrid): Spanien: Modernität und Aufschwung der globalen Kultur in Fernsehserien
3. Charo Lacalle (Barcelona): Romantiker, Verbrecher, Polizisten und Flamencotänzer: Die Identitätskonstruktion der Roma in der spanischen Fernsehserie
4. Vincent Fröhlich (Marburg): When Old Technologies Were New Technologiegeschichtliche und methodische Überlegungen zum interkulturellen Vergleich historischer Serien anhand von GRAN HOTEL
5. Jörg Türschmann (Wien): Galego oder glokal: O SABOR DAS MARGARIDAS oder wie Galicien ins Quality-TV kam
6. Karen Genschow (Frankfurt): Kollektives Gedächtnis, Diktatur und Melodram in spanischen und lateinamerikanischen Telenovelas
7. Gabriella Lambrecht (Würzburg): PRÓFUGOS (2011-2013) – ästhetisierte Gewaltexzesse und nirgendwo Helden
8. Maribel Cedeño (Siegen): Von Dracula bis weit über El Santo hinaus: Transnationalität und Transmedialität Guillermo del Toros in THE STRAIN
9. Katrin Ackermann (Salzburg): Geschichte und Metafiktion: Cesare in der Historienserie Borgia
10. Julien Bobineau (Würzburg): Serieller Trickbetrug und zeitgenössische Kapitalismuskritik. Die Netflix-Produktionen LA CASA DE PAPEL und LUPIN als Prototypen der romanischen Heist-Serie
11. François Jost (Paris): Was zeichnet eine französische Qualitätsserie aus? Anmerkungen zu LE BUREAU DES LÉGENDES
12. Marc Blancher (Stuttgart): Der Hybridisierungsprozess der französischen Kriminalfernsehserien am Beispiel von Éric Rochants LE BUREAU DES LÉGENDES
13. Jan Rhein (Flensburg): Serielles Erleben und serielles Erzählen: Die génération y in BREF, BLOQUÉS und IL REVIENT QUAND BERTRAND ?
14. Kirsten von Hagen (Gießen): Balzac für unsere Zeit – die TV-Serie MARJORIE als Comédie Humaine des 21. Jahrhunderts
15. Robert Lukenda (Innsbruck): ›Privilegierte Partner‹? – zur aktuellen Beziehung zwischen Literatur und TV-Serie in Frankreich
16. Christian Wehr (Würzburg): Formen und Funktionen komischer Serialisierung in Bruno Dumonts P’TIT QUINQUIN
17. Christoph Vatter (Saarbrücken): Vom téléroman québécois zum frankophonen ›Quality-TV‹. Frankokanadische Fernsehserien zwischen identitärer Affirmation und kultureller Diversität


Anmerkungen

keine

Ersteller des Eintrags
Julien Bobineau
Erstellungsdatum
Mittwoch, 09. November 2022, 09:03 Uhr
Letzte Änderung
Sonntag, 13. November 2022, 22:37 Uhr