Randromania im Fokus: gesprochenes Rumänisch, Portugiesisch und Galicisch. (Sammelband)
Allgemeine Angaben
Herausgeber
Aurelia Merlan, Barbara Schäfer-Prieß- Verlag
- Lang
- Stadt
- Berlin, Bruxelles, Chennai, Lausanne, New York, Oxford
- Publikationsdatum
- 2024
- Auflage
- 1
- Reihe
- Romanistische Arbeiten interkulturell und interdisziplinär, Band 22
- Weiterführender Link
- https://www.peterlang.com/document/1363141
- Art der Publikation
- PDF: 9783631907078; ePUB: 9783631907085; Hardcover: 9783631778692; DOI: 10.3726/b21102
- Thematik nach Sprachen
- Portugiesisch, Rumänisch, Galicisch
- Disziplin(en)
- Sprachwissenschaft
- Schlagwörter
- gesprochene Sprache, Korpuslinguistik, Varietätenlinguistik, Schriftlichkeit und Mündlichkeit in der Sprachgeschichte, fingierte Mündlichkeit, Mündlichkeit in der Mediensprache, Jugendsprache, Linguistische Pragmatik, Konzeptionelle Mündlichkeit
Exposé
Zusammenfassung
Der Sammelband enthält ausgewählte Beiträge der Tagung Randromania im Fokus. die im April 2018 am Institut für Romanische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität (LMU) München stattgefunden hat. Berücksichtigt wurden die drei am westlichen und östlichen Rand der Romania situierten Sprachen Galicisch, Portugiesisch und Rumänisch. Eine Reihe von Beiträgen fällt in den Bereich der diatopischen, diastratischen und diaphasischen Variation sowie der Sprachgeschichte. Weitere Artikel befassen sich mit lautlichen, morphosyntaktischen und lexikalischen Charakteristika der konzeptionellen Mündlichkeit, größtenteils auf der Basis medial mündlicher Korpora. Der Band soll einen Überblick über Forschungsaktivitäten zur gesprochenen Sprache in den drei behandelten Sprachen geben und zu weiterer Beschäftigung mit dem Thema anregen.
Inhalt
Inhaltsverzeichnis: https://d-nb.info/1330592484/04
Vorwort
Die gesprochene Sprache in der Romania ist in den letzten Jahrzehnten besonders im deutschsprachigen Raum Objekt zahlreicher Studien gewesen. Dabei wurden allerdings, wie exemplarisch in dem einschlägigen Standardwerk von Peter Koch und Wulf Oesterreicher (11990/22011) Gesprochene Sprache in der Romania: Französisch, Italienisch, Spanisch, hauptsächlich die großen zentralen romanischen Sprachen berücksichtigt. Weit weniger Aufmerksamkeit erfuhren das Rumänische, das (europäische) Portugiesisch und das Galicische als Repräsentanten der so genannten „Randromania“ (die sich hier also nicht nur im areallinguistischen oder typologischen, sondern auch im wissenschaftsgeschichtlichen Sinne interpretieren lässt). Zwar gibt es dazu eine Reihe von Studien zu Einzelthemen, doch sind viele Aspekte auf der pragmatischen, lexikalischen, morphosyntaktischen und lautlichen Ebene unberücksichtigt geblieben. Eine Bestandsaufnahme der vorhandenen Arbeiten und entsprechend der Forschungslücken fehlt ebenso wie ein organisierter Austausch zwischen den interessierten Sprachwissenschaftlern. Diese Überlegungen führten zur Planung einer Tagung, die schließlich vom 26. bis 28. April 2018 unter dem Titel Randromania im Fokus: Gesprochenes Rumänisch, Portugiesisch und Galicisch am Institut für Romanische Philologie der Ludwig-Maximilians-Universität München stattfinden konnte. Der vorliegende Sammelband enthält ausgewählte Beiträge, die aus dieser Tagung hervorgegangen sind.
Eine Reihe von Beiträgen fällt in den Bereich der gesprochenen Sprache „im weiteren Sinne“ (Koch/Oesterreicher 22011: 17), nämlich unter Einbeziehung der diatopischen, diastratischen und diaphasischen Dimension. Ana Paula Banza befasst sich mit der im Alentejo (Portugal) an der Grenze zu Spanien gesprochenen Varietät der Kleinstadt Barrancos, und zwar mit der Realisierung der auslautenden Liquide in dieser infolge des Sprachkontakts entstandenen Varietät. Im Fokus von Martina Steffens Beitrag steht das in der argentinischen Grenzprovinz Misiones gesprochene Portugiesisch, dessen Merkmale, die anhand eines selbst erstellten mündlichen Korpus eruiert wurden, in Hinblick auf spanischen Einfluss analysiert werden. Klaus Bochmann befasst sich mit dem gesprochenen Rumänisch in der historischen Moldau und macht auf Hauptmerkmale aufmerksam, die das Postulieren eines regionalen Rumänisch einerseits und eines bessarabischen Akzents andererseits rechtfertigen. Michael Metzeltin konzentriert sich auf die Situation des im moldauischen Bessarabien unter zaristischer Herrschaft gesprochenen Rumänisch, welche sich zum Teil aus dem autobiographischen Buch eines Zeitzeugen rekonstruieren lässt. In Wolfgang Dahmens Beitrag rückt das Aromunische aus Griechenland in den Vordergrund, genauer das in privaten Briefen verwendete Aromunisch, das zwar medial graphisch, konzeptionell aber wohl eher gesprochen ist. Mit süddanubischen Varietäten des Rumänischen befassen sich auch Nicolae Saramandu und Manuela Nevaci, die, ausgehend von in Atlanten registriertem sprachlichem Material, Verwandtschaftsbezeichnungen in diesen Varietäten im Vergleich zu ihren Entsprechungen im Dakorumänischen analysieren. Aurelia Merlan geht auf die diastratische Variation ein und untersucht anhand eines zum Teil mündlichen, zum Teil schriftlichen Korpus die Anrede mit ihren verschiedenen Ausdrucksformen in der rumänischen Jugendsprache der Gegenwart. Im Beitrag von Florin-Teodor Olariu und Veronica Olariu wird ein Überblick über die dialektalen und nicht-dialektalen Korpora des intraterritorialen wie auch des extraterritorialen (in Migrationskontexten) gesprochenen Rumänisch und über die zu deren Herstellung verwendeten Methoden gegeben.
Ein wesentlicher Teil der Beiträge bezieht sich auf Charakteristika der gesprochenen Sprache „im engeren Sinne“ (Koch/Oesterreicher 22011: 17), also die universellen und einzelsprachlichen Merkmale der konzeptionellen Mündlichkeit betreffend, wobei als Grundlage hauptsächlich Korpora medial mündlicher Sprache dienen. Zum Galicischen analysiert Xosé Manuel Sánchez Rei ein mündliches Korpus hinsichtlich der „phonologisch-syntaktischen Einschübe“ und deren Funktionen in der Interaktion face-to-face. Bei Gerda Haßlers Beitrag zu Markierungen der Evidentialität im brasilianischen Portugiesisch steht möglicher Sprachkontakt, nämlich mit indigenen Sprachen, zur Diskussion. Daniel Biro untersucht sprachliche Manifestationen der „Entmachtung“ in Redebeiträgen von Politikern in einem TV-Duell zur rumänischen Präsidentschaftswahl 2009. Alice Bodoc macht auf die Heterogenität der Satzkonnektoren când und unde im heutigen gesprochenen Rumänisch aufmerksam, die sich in ähnlicher Form bereits in den altrumänischen Texten nachweisen lässt. Adrian Chircu analysiert die Funktion des Quantifikators rum. mult anhand eines mündlichen Korpus und arbeitet die Unterschiede zur standardsprachlichen Verwendung, die auf den affektiv-emphatischen Charakter der Nähesprache zurückgeführt werden, heraus. In dem Beitrag von Cecilia Mihaela Popescu geht es um die Entwicklung von rum. pǎi vom Temporaladverbial zum Diskursmarker und das semantische und pragmatische Verhalten dieses Diskursmarkers in der rumänischen Umgangssprache, auch im Vergleich mit romanischen Kognaten. Andra Vasilescu identifiziert, wiederum auf der Grundlage eines mündlichen Korpus, in ihrem Beitrag spezifische Strategien, die rumänische Sprecher zur turn-Beibehaltung einsetzen, und die kontextuellen Funktionen dieser Strategien. Im Beitrag von Maria Clotilde Almeida dienen Facebook-Posts als Datenbasis für die sozio-pragmatische Analyse der schriftlichen Abbildung von Gelächter in medial schriftlicher digitaler Kommunikation.
Verschiedene Beiträge befassen sich mit der Beziehung zwischen Schriftlichkeit und Mündlichkeit in der Sprachgeschichte. Mioara Dragomir analysiert diesbezüglich einen rumänischen Text des 17. Jhs. und bringt Argumente zugunsten der vom Linguisten G. Ivănescu postulierten gesprochenen Varietät (im konzeptionellen Sinne) der altrumänischen Kultursprache. Roger Schöntag geht auf die Entstehung der portugiesischen Schriftsprache ab Ende des 12. Jhs. ein, die er in enger Verbindung mit politischen und soziokulturellen Veränderungen betrachtet. Xosé Ramón Freixeiro Mato thematisiert die Rolle der gesprochenen Sprache bei der Entwicklung der galicischen Standardsprache. Es wird gezeigt, dass nach anfänglicher Orientierung an der geschriebenen Sprache ab den 1970er Jahren die gesprochenen Varietäten stärkere Beachtung fanden, auch wenn dies eine größere Akzeptanz von Kastilianismen bedeutete. In dem ebenfalls historisch ausgerichteten Beitrag von Maria Filomena Gonçalves wird die Beschreibung der Aussprache bei dem Grammatiker Monte Carmelo (18. Jh.) analysiert, insbesondere seine Informationen zur Opposition von [o] und [ɔ] und der Variation [ow]/[oj]. Bei Barbara Schäfer-Prieß geht es um die Rekonstruktion der Aussprache der Vortonvokale in der Geschichte des europäischen und brasilianischen Portugiesisch. Dabei wird die Auffassung vertreten, dass die Annahme einer Schreibaussprache im brasilianischen Portugiesisch aus verschiedenen Gründen plausibler ist als die einer Kontinuität der frühneuzeitlichen Vokalqualitäten. Rolf Kemmler untersucht portugiesische Beispielsätze, die in einer handschriftlich überlieferten Lateingrammatik des 15. Jahrhunderts enthalten sind und Aufschluss über die sonst schwer rekonstruierbare Nähesprache dieser Zeit geben können.
Etwas außerhalb dieser prototypischen Fragestellungen und Methoden sind ein Beitrag zur „fingierten Mündlichkeit“ des Portugiesischen und zwei Beiträge zur Mediensprache im Rumänischen angesiedelt. Claudia Ascher untersucht Verfahren der Darstellung von Mündlichkeit in einem Roman des portugiesischen Schriftstellers António Lobo Antunes und deren Umsetzung in der deutschen Übersetzung. Bei Sonia Berbinski geht es um die Entidiomatisierung (défigement) idiomatischer Ausdrücke in rumänischen sowie vergleichend in französischen satirischen Zeitungen. Helga Bogdan Oprea schließlich befasst sich mit expressiv-affektiven Varianten rumänischer Sprichwörter in den heutigen Massenmedien.
Mit dem vorliegenden Band hoffen wir, nicht nur einen notwendigerweise unvollständigen und selektiven Überblick über Forschungsaktivitäten zur gesprochenen Sprache in den drei behandelten Sprachen zu geben, sondern vor allem auch zu weiterer Beschäftigung mit dem Thema anzuregen.
Für die finanzielle Unterstützung der Tagung und der Publikation der Akten danken wir Prof. Dr. Andreas Dufter und Prof. Dr. Ulrich Detges (†) vom Institut für Romanische Philologie sowie dem Department II der Fakultät für Sprach- und Literaturwissenschaften der Ludwig-Maximilians-Universität München.
Außerdem gilt ein herzlicher Dank Constanze Neudek für ihre Unterstützung beim Korrekturlesen sowie Roger Schöntag für seine redaktionelle Beratung.
München im April 2023
Aurelia Merlan & Barbara Schäfer-Prieß
Anmerkungen
keine
- Ersteller des Eintrags
- Barbara Schäfer-Prieß
- Erstellungsdatum
- Donnerstag, 22. August 2024, 14:44 Uhr
- Letzte Änderung
- Montag, 26. August 2024, 13:53 Uhr