Die Produktions- und Rezeptionsbedingungen der Literatur Äquatorialguineas mit Fokus auf Exilerfahrungen der SchriftstellerInnen (Dissertation)


Allgemeine Angaben

Autor(en)

Mischa G. Hendel

Hochschule
Universität Wien, Institut für Afrikawissenschaften
Stadt der Hochschule
Wien
Abgabedatum
Juli 2011
Thematik nach Sprachen
Spanisch, Spanisch in Afrika
Disziplin(en)
Literaturwissenschaft, Medien-/Kulturwissenschaft
Schlagwörter
Exilliteratur, Exil, Äquatorialguinea, Literatur Äquatorialguineas, Afrikanische Literatur, Hispanische Literatur, Spanischsprachige Literatur, Hispanophone Literatur, Spanisch in Afrika

Betreuer

Norbert CyfferAnna Gottschligg-OgidanKathrin Sartingen


Exposé

In Äquatorialguinea, dem einzigen afrikanischen Land mit Spanisch als Amtssprache und drittgrößtem Erdölproduzenten Afrikas südlich der Sahara, ist der Zugang zu Kunst und Kultur äußerst beschränkt. Die Regierung zeigt kein Interesse an kulturellen Angelegenheiten, und de facto finden sich weder Verlage noch Buchhandlungen im Land. Ausgehend von diesen Bedingungen sucht Mischa G. Hendel Antworten auf die Frage nach dem Stellenwert von Literatur in Äquatorialguinea und beleuchtet die Bedingungen für Produktion und Rezeption der Literatur Äquatorialguineas, sowohl im Inland als auch im Ausland.
Das Thema der Dissertation wurde in schriftlicher sowie in audiovisueller Form umgesetzt. Beim Dokumentarfilm Unterschätzt und unbeachtet. Literarische Stimmen Äquatorialguineas zeigt sich Mischa G. Hendel für Produktion, Regie, Drehkonzept und Kamera verantwortlich. In diesem 83minütigen Film zitieren die literarischen Stimmen Äquatorialguineas aus ihrem literarischen Schaffen und resümieren 40 Jahre Unabhängigkeit von Spanien. Sie reflektieren die Terrorherrschaft des ersten Diktators Francisco Macías Nguema (1968-1979), analysieren die Rolle Spaniens in der Geschichte des Landes und beschreiben die heutige Situation unter Teodoro Obiang Nguema, der seit 1979 eine Scheindemokratie aufrecht erhält. Der Film pendelt zwischen Äquatorialguinea und Spanien, zwischen Vergangenheit, Gegenwart sowie Zukunft bzw. Zukunftsperspektiven und zeigt das Leben im Zwiespalt zwischen afrikanischem Ursprung und europäischer Metropole. Der Inhalt wird durch Interviews mit bedeutenden äquatorialguineischen AutorInnen, u.a. Juan Balboa Boneke, Donato Ndongo Bidyogo, María Nsué Angüe, Guillermina Mekuy, Juan Tomás Ávila Laurel, César Mba Abogo oder Francisco Zamora Loboch, bestimmt.
In der schriftlichen Version gibt Mischa G. Hendel ein Panorama der äquatorialguineischen Literatur und geht auf Entwicklungen hinsichtlich der Themen und Anliegen der SchriftstellerInnen ein. Die SchriftstellerInnen Äquatorialguineas schreiben für ein äußerst limitiertes internationales Lesepublikum und haben das heimische Publikum verloren bzw. nie viele LeserInnen in Äquatorialguinea gehabt. Hendel zeigt in weiterer Folge Ausdrucksformen der Zensur in Äquatorialguinea auf (indirekte Zensur) und setzt sich mit der gesellschaftlichen Funktion von Literatur bzw. mit dem sozialen Verantwortungsbewußtsein der äquatorialguineischen AutorInnen auseinander. Bis auf wenige Ausnahmen sehen sich äquatorialguineische SchriftstellerInnen und Intellektuelle bis heute gezwungen, vor der Verfolgung und der mangelnden kulturellen Infrastruktur zu entfliehen und ins Exil auszuweichen, vor allem nach Spanien.
Die Textanalyse bezieht sich auf Werke von Donato Ndongo Bidyogo und Juan Balboa Boneke. Anhand dieser beiden Autoren bzw. ihren Werken und Erfahrungen in der Exildestination Spanien analysiert Mischa G. Hendel Gründe und Auswirkungen von Exil. Exil bedeutet nicht nur die geographische Distanz zum Heimatland, sondern ist vielmehr auch ein mentales Befinden. In der vorliegenden Arbeit wird gezeigt, daß Exil bereits in der Heimat entstehen kann, was der Autor dieser Arbeit inneres Exil nennt.
Der Umgang mit der eigenen Vergangenheit seitens Spaniens, der ehemaligen Kolonialmacht, bzw. die zaghafte Politik der Erinnerung wird in Zusammenhang mit der geschichtlichen sowie politischen Entwicklung Äquatorialguineas gestellt. Ein Gesetz, das Äquatorialguinea zu einem offiziellen Geheimnis (materia reservada) erklärte, untersagte es von 1971-1976 in Spanien, sich öffentlich zu Äquatorialguinea zu äußern. Hendel zeigt die Auswirkungen dieses Gesetzes auf die gegenwärtige politische und kulturelle Situation in Äquatorialguinea bzw. auf die Wahrnehmung des Landes im internationalen Kontext. Obwohl die materia reservada längst Geschichte ist, bleibt die Bevölkerung, besonders die Intellektuellen und Kunstschaffenden, isoliert und lebt unter dem Zeichen von Menschenrechtsverletzungen, Repression, Korruption und kulturellem Desinteresse.

“Herrschaftsfreiheit”
Zu sagen
»Hier
herrscht Freiheit«
ist immer
ein Irrtum
oder auch
eine Lüge:
Freiheit
herrscht nicht
(Erich Fried)

Inhalt

INHALTSVERZEICHNIS:
1 LA INTRODUCCIÓN: EINFÜHRUNG
*2 LOS MÉTODOS: METHODEN

2.1 LAS ENTREVISTAS: QUALITATIVE INTERVIEWS
2.1.1 Vorbereitungen
2.1.2 Interviewtechniken
2.1.3 InterviewpartnerInnen und -fragen
2.2 LA ENCUESTA: UMFRAGE
2.2.1 Umfrage unter Studierenden in Spanien
2.2.2 Umfrage unter deutschsprachigen AfrikanistInnen und RomanistInnen
2.3 LA CRÍTICA LITERARIA: LITERATURKRITIK
2.3.1 Literaturkritik und afrikanische Literatur
2.3.2 Postkoloniale und soziologische Kritik sowie empirisch-historische
Produktions und Rezeptionstheorie
3 LA CONTEXTUALIZACIÓN: HISTORISCHE, SOZIO-POLITISCHE UND KULTURELLE
KONTEXTUALISIERUNG DER ÄQUATORIALGUINEISCHEN SCHRIFTLITERATUR

3.1 EL CONTEXTO: ÄQUATORIALGUINEISCHE LITERATUR IM KONTEXT
DER AFRIKANISCHEN LITERATUR
3.2 EL DESARROLLO: ENTWICKLUNG DER LITERATUR ÄQUATORIALGUINEAS
3.2.1 1a fase: Verschriftlichung mündlich überlieferter Prosatexte und erste Gedichte
3.2.2 2a fase: Verarbeitung der Geschichte und Gegenwart, Schweigen
und kulturelle Wiederbelebung
3.2.3 3a fase: Soziales Engagement und neue Hoffnung
4 LA LITERATURA DE GUINEA ECUATORIAL: PRODUKTION UND
REZEPTION DER SCHRIFTLITERATUR ÄQUATORIALGUINEAS

4.1 LA PRODUCCIÓN: PRODUKTIONSPHASEN DER LITERATUR ÄQUATORIALGUINEAS
4.1.1 Perioden vermehrter Publikation in der äquatorialguineischen Literatur
4.2 PUBLIKATIONSMÖGLICHKEITEN FÜR SCHRIFTSTELLERINNEN IN ÄQUATORIALGUINEA
4.2.1 Verlage in Äquatorialguinea
4.2.2 Entstehung äquatorialguineischer Kulturinstitutionen
4.3 LA CENSURA: ZENSUR IN ÄQUATORIALGUINEA
4.3.1 Funktion und Formen von Zensur
4.3.2 Ausdrucksformen von Zensur in Äquatorialguinea
4.4 LA RESPONSABILIDAD SOCIAL: SOZIALE VERANTWORTUNG DER AUTORINNEN
4.4.1 SchriftstellerInnen in Äquatorialguinea
4.4.2 Gesellschaftliche Funktion von Literatur
4.5 LA PERCEPCIÓN: REZEPTION DER LITERATUR ÄQUATORIALGUINEAS
4.5.1 Empirische Rezeption der äquatorialguineischen Literatur in Äquatorialguinea
4.5.2 Empirische Rezeption der äquatorialguineischen Literatur im Ausland
4.5.3 Empirische Rezeption der Literatur Äquatorialguineas in Wissenschaft und Presse
5 ESPAÑA Y GUINEA: DIE ROLLE SPANIENS IN DER GESCHICHTLICHEN
UND POLITISCHEN ENTWICKLUNG ÄQUATORIALGUINEAS

5.1 LA MEMORIA EN ESPAÑA: ERINNERUNG UND GEDÄCHTNIS IN SPANIEN
5.2 LA MATERIA RESERVADA: DAS OFFIZIELLE GEHEIMNIS ÄQUATORIALGUINEA
5.3 LOS IMPACTOS DEL SECRETO OFICIAL: AUSWIRKUNGEN DES OFFIZIELLEN GEHEIMNISSES
6 EL EXILIO: HINTERGRÜNDE ZUM ÄQUATORIALGUINEISCHEN EXIL
6.1 TERMINOLOGÍA: TERMINOLOGIE UND HISTORIE DER BEGRIFFE EXIL UND HEIMAT
6.1.1 Exil
6.1.2 Heimat
6.2 CAUSAS Y CONSECUENCIAS: GRÜNDE FÜR EXIL UND AUSDRUCKSFORMEN VON EXIL
6.2.1 Gründe für Exil
6.2.2 Negative und positive Aspekte von Exil
6.3 ESPAÑA COMO DESTINACIÓN: EXILDESTINATION SPANIEN
6.3.1 ÄquatorialguineerInnen in Spanien
6.3.2 Nationalität und Identität
7 EXILIO Y LITERATURA: JUAN BALBOA BONEKE UND DONATO NDONGO BIDYOGO
7.1 LITERATURA DE EXILIO: EXILLITERATUR
7.1.1 Äquatorialguineische Exilliteratur
7.1.2 Juan Balboa Boneke: Exil als Realität und literarische Verarbeitung
7.1.3 Donato Ndongo Bidyogo: Exil als ealität und Fiktion
7.2 ¿DÓNDE EMPIEZA EL EXILIO?: WO BEGINNT DAS EXIL?
7.2.1 Mentales, inneres Exil vor dem tatsächlichen Schritt ins Exil
7.3 EL RETORNO: RÜCKKEHR IN DIE HEIMAT
7.3.1 Schwierigkeiten bei der Rückkehr
7.3.2 Rückkehr und mentales, inneres Exil
8 CONCLUSIO
9 LA BIBLIOGRAFÍA: BIBLIOGRAPHIE
10 LA SINOPSIS: SYNOPSIS
11 LOS SUPLEMENTOS: BEILAGEN
11.1 EL DOCUMENTAL: DOKUMENTARFILM (“LITERARISCHE STIMMEN ÄQUATORIALGUINEAS”, 83min)
11.2 LOS MÉTODOS: INTENTIONEN UND ARBEITSMETHODEN FÜR DEN DOKUMENTARFILM
11.3 LOS ELEMENTOS DEL DOCU: ELEMENTE DES DOKUMENTARFILMS
(u.a. LAS ENTREVISTAS TRANSCRITAS: TRANSKRIBIERTE INTERVIEWS UND DIALOGLISTE)
12 EL ANEXO: ANHANG


Anmerkungen

“Kein Land ist ein Exil, sondern eine andere Heimat.
Ich bin nicht nur für einen einzigen Winkel geboren worden;
die ganze Welt ist meine Heimat.”
(Seneca)

Ersteller des Eintrags
Mischa G. Hendel
Erstellungsdatum
Donnerstag, 19. März 2015, 21:50 Uhr
Letzte Änderung
Donnerstag, 19. März 2015, 21:50 Uhr