Stadt: Karl-Franzens-Universität Graz, Zentrum für Kulturwissenschaften

Frist: 2014-06-30

Beginn: 2014-11-28

Ende: 2014-11-29

Zu Beginn des 20. Jahrhunderts fungiert Tanz als Ort des kulturellen und künstlerischen Ausdrucks, der im Zeichen von Freiheit ästhetische und kulturelle Traditionen sprengen und erneuern soll. Halb Kunst, halb Sport (Grassi 1999) beeinflusst der Tanz das soziale und künstlerische Leben und berührt mit zunehmender Idealisierung wie Fetischisierung des Körpers in den faschistischen Regimen Europas auch einen prekären politischen Bereich. Jeder neue Tanz bringt jedoch zunächst die etablierten sozialen und kulturellen Gefüge durcheinander. Das gilt für den Walzer, aber auch für den 1910 in Frankreich eingeführten Tango Argentino, die aus Amerika stammenden Tänze von One-Step bis Shimmy oder den Ausdruckstanz. Metaphorisch gesprochen, greift der Tanz Bewegung als Paradigma der Moderne auf und verweist auf den ständigen Wandel sozialer, kultureller und ästhetischer Verhältnisse und den in ihnen lokalisierten Subjekten.

Ausgehend von der symbolistischen Ästhetik, eröffnet die Beschäftigung mit Tanz ein Argumentationsfeld, das Fragen der Zeitlichkeit, Räumlichkeit sowie Wahrnehmungs- und Medienreflexion erlaubt. Tanz kann sogar als Schlüsselmedium aller Künste und Wissenschaften betrachtet werden (Brandstetter 1995), da Körpererfahrungen, Empfindungsarten sowie die Bedeutung rhythmischer Bewegung als zentrale Bestandteile verschiedenste Disziplinen durchziehen, wie die Arbeiten Freuds, Deweys, Bergsons oder Plessners zeigen (Angerer 2011; Elsner 2000; Keen 2011). Die künstlerische und sportliche Bewegung kann man als Text, Sprechakt, Körperrhetorik, Bewegungsform, intertextuelles Zeichensystem oder als Ritual bzw. kulturell geprägte Praktik analysieren. Das erlaubt wiederum, kulturelle und ideologische Muster der Bedeutungszuweisung von Tanz in Gesellschaft und Kunst zu untersuchen (Foster 2013). Forschungsfragen drehen sich daher um das Verhältnis von Sprache und Körperbewegung, um im Tanz verkörperte Identitäts-, Gender- und Emotionskonzepte oder um Fragen der Wahrnehmung und Mediatisierung von Bewegung und Emotion.

Die Beiträge können sich an folgenden Fragestellungen orientieren:
1) Welche Theoriemodelle und Methoden stehen für die Untersuchung von Bewegung sowie von Tanz zwischen 1900 und 1950 zur Verfügung?
2) Wie wird Tanz in unterschiedlichen Gattungen inszeniert (als Motiv, als Metapher zur nonverbalen Verdichtung des Geschehens, als Gegendiskurs, als Dekor, als Analogie)?
3) Welche Funktion nimmt der Tanz im Text ein (Kunst- und Medienreflexion, Kulturkritik, Wahrnehmungsreflexion)?
4) Welche Körper- und Identitätskonzepte lassen sich aus mediatisierten Tänzen ablesen?
5) Welche sozialen Zeiterfahrungen werden im Tanz ausgedrückt?
6) Auf welche Techniken greifen Schriftsteller/innen zurück, um Bewegung nicht lediglich nur zu beschreiben, sondern im Medium der Schrift als literarisches Ereignis zu zeigen, den Text in Bewegung zu setzen?
7) Welche Elemente anderer Künste (Bewegungsfiguren, Farbgebung, Rhythmen) erhalten Relevanz für literarische Gestaltungs- und Rezeptionsprozesse?

Der Workshop richtet sich an Promotionsstudierende und Habilitierende. Bei Interesse senden Sie bitte ein Abstract (max. 400 Wörter) zu Ihrem Vortragsvorschlag sowie eine Kurzbiografie bis zum 30. 6. 2014 an Prof. Dr. Susanne Knaller (susanne.knaller@uni-graz.at) oder Dr. Rita Rieger (rita.rieger@uni-graz) . Die Vorträge sollen eine Länge von 30 Min. nicht überschreiten. Als Vortragssprachen sind Deutsch und Englisch erwünscht. Im Anschluss ist eine Publikation der Beiträge geplant. Wir freuen uns auf Ihr Interesse am Workshop. Für weitere Fragen stehen wir gerne zur Verfügung.

Veranstalter:
Karl-Franzens-Universität Graz
Zentrum für Kulturwissenschaften
Prof. Dr. Susanne Knaller/Dr. Rita Rieger
Attemsgasse 25/II
A-8010 Graz
Kontakt: rita.rieger@uni-graz.at

Beitrag von: Rita Rieger

Redaktion: Lars Schneider