Stadt: Stuttgart

Frist: 2017-09-15

Beginn: 2018-04-26

Ende: 2018-04-27

Das Phänomen der Fraternisierung in Kriegszeiten umfasst verschiedene Realitäten, die traditionell in zwei Forschungsfelder geteilt sind: Die Fraternisierung zwischen verfeindeten Soldaten an der Front einerseits und die Fraternisierung zwischen Kombattanten und Zivilbevölkerung in der Heimat andererseits. Letztere wurden vor allem in Hinblick auf die Fraternisierungen in besetzten Gebieten analysiert, wie z.B. zwischen deutschen Soldaten und französischen Frauen während der Besetzung Frankreichs 1940–1944. Während diese Fraternisierungen seit den 1980er Jahren zum Gegenstand einiger Forschungen wurden, blieben die Fraternisierungen an der Front weitgehend vernachlässigt. Seit dem Film von Christian Carion, Merry Christmas im Jahre 2005 sind jedoch auch die Fraternisierungen an der Front im französischen kollektiven Gedächtnis – und in geringerem Ausmaße auch im deutschen – wach geworden, so dass sich seitdem auch die historische Forschung des Phänomens annimmt. Obwohl Fraternisierungen in deutsch-französischen Konflikten jedoch immer wieder auftraten, ist bisher noch keine vergleichende Studie darüber erschienen, die dieses Pränomen im Längsschnitt genauer betrachten würde.
Dieses interdisziplinäre Kolloquium möchte nun beginnen, diese Lücke zu füllen und dazu erste inhaltliche wie methodische Überlegungen anstellen. Die deutsch-französischen Konflikte der Neuzeit (von 1813 bis 1945) stellen dabei den Rahmen der Analyse dar, also vom Truppenrückzug der napoleonischen Armee von deutschem Boden bis zur bedingungslosen Kapitulation des nationalsozialistischen Deutschlands am Ende des Zweiten Weltkrieges. Die Natur des Themas und das Konzept dieses Kolloquiums für Nachwuchswissenschaftler verbindet transnationalen Blickwinkel mit dem vergleichenden Längsschnitt. Ziel dabei ist es, die unterschiedlichen Formen der Fraternisierung, ihre Charakteristika und Mechanismen ans Licht zu bringen sowie die Konsequenzen (Transfers, Austausch, Ablehnung) auf sozialer, politischer, historischer und kultureller Ebene zu beleuchten. Die historische Perspektive soll dabei durch andere Disziplinen ergänzt werden: Da die Fraternisierungen über die Dauer der Konflikte hinaus einen Auswirkungen hatten, ist es auch sinnvoll auf Literaturwissenschaften, Kulturwissenschaften, Politikwissenschaften und Soziologie zurückzugreifen, um das Echo der Fraternisierungen in der Literatur und Kunst sowie in der Erinnerungspolitik und -kultur der beiden Staaten zu untersuchen. Die Kreuzung dieser verschiedenen Ansätze hat zum Ziel, zu einer robusten Definition des Begriffs „Fraternisierung“ zu gelangen, die diese verschiedenen Perspektiven berücksichtigt. 

Beitragsvorschläge können sich in diesen folgenden Bereichen bewegen:

- Historiographie, Erinnerung und Erinnerungspolitik
- Mediatisierung und Darstellungen der Fraternisierungen
- Fraternisierungen in Literatur und Kunst
- Kontrolle und Unterdrückung der Fraternisierungen
- Fraternisierungen an der Front
- Fraternisierung zwischen Männern und Frauen (Kriegsgefangene, Besatzungssoldaten)

Diese Liste ist nicht vollständig und kann durch weitere Themen ergänzt werden.

Das Kolloquium findet am Donnerstag, den 26. und Freitag, den 27. April 2018 an der Universität Stuttgart statt. Arbeitssprachen sind Französisch und Deutsch. Die Vorträge sollten nicht länger als 25 Minuten dauern.

Bitte senden Sie Ihren Beitragsvorschlag (max. 500 Wörter) und einen kurzen Lebenslauf (ggf. mit Publikationsliste) bis spätestens 15. September 2017 an folgende Adresse: fraternisierung2018@gmail.com

Nach Möglichkeit werden die Reise- und Übernachtungskosten sowie die Verpflegung vor Ort für die TeilnehmerInnen übernommen.

Organisation:
Paul Maurice, MA. (Université Paris-Sorbonne/Universität des Saarlandes)
Dr. Maude Williams (Ruhr-Universität Bochum)

Wissenschaftliches Komitee:
Prof. Dr. Hélène Miard-Delacroix (Université Paris-Sorbonne, UFR d’Études Germaniques et Nordiques)
Prof. Dr. Wolfram Pyta (Universität Stuttgart, Historisches Institut)
Dr. Etienne Dubslaff (Université Paul-Valéry Montpellier 3)
Paul Maurice, MA. (Université Paris-Sorbonne/Universität des Saarlandes)
Dr. Maude Williams (Ruhr-Universität Bochum)

Beitrag von: Maude Williams

Redaktion: Marcel Schmitt