CfA: Anarchie und Ästhetik
Stadt: Wuppertal
Frist: 2017-12-15
„Anarchie“ ist ein schillernder, zu positiven wie negativen Stellungnahmen herausfordernder Begriff: Die Abwesenheit von Herrschaft, Macht und Gesetz wird von den einen als befreiend und glückverheißend, von den anderen als bedrohlich und zerstörerisch empfunden. Zur ernstzunehmenden gesellschaftspolitischen Alternative hat sich das Konzept der Anarchie im 19. Jahrhundert entwickelt, wobei als Meilenstein der anarchistischen Bewegung Pierre-Joseph Proudhons Schrift Qu’est-ce que la propriété? (1840) gilt. Gerade in Frankreich spielt der politische und gesellschaftliche Anarchismus seitdem immer wieder eine große Rolle, aber auch in anderen romanischen Ländern (vgl. etwa die anarchistisch selbstverwalteten Gebiete zur Zeit des Spanischen Bürgerkriegs). Nicht zuletzt angesichts des gegenwärtig vermehrt zu beobachtenden spannungsvollen Verhältnisses zwischen etablierten Ordnungssystemen und außerparlamentarischen Emanzipationsbestrebungen stellt sich die Frage, inwieweit sich anarchistische Ideen auch in der Literatur und Kunst wiederfinden und welche Bedeutung wiederum den Künsten für die Verbreitung anarchistischer Vorstellungen zukommt.
Die geplante Publikation verfolgt vorrangig eine historische Perspektive und setzt sich zum Ziel, das wechselseitige Verhältnis von Anarchie und Ästhetik in exemplarischen und einander ergänzenden Einzelstudien näher zu beleuchten. Den thematischen Schwerpunkt bildet das Frankreich des 19. und 20. Jahrhunderts, weitere romanische Länder wie Italien und Spanien können ggf. miteinbezogen werden. Untersucht werden sollen die facettenreichen Beziehungen zwischen Literatur/Kunst/Medien einerseits und dem gesellschaftlich-politischen Anarchismus andererseits.
Mögliche Themenstellungen:
- Anarchistische Tendenzen in Literatur und Kunst (z. B. Symbolismus, Dadaismus, Surrealismus), „Anarchie des Stils“ (z. B. vers libre)
- SchriftstellerInnen und KünstlerInnen, die der anarchistischen Bewegung angehörten oder mit ihr sympathisierten
- Programmatische Werke und Texte
- Mediale Präsentationsformen, etwa die Kombination von Bild und Text in anarchistischen Zeitschriften und Flugblättern
- Denkfiguren und Schlüsselbegriffe des Anarchismus (z. B. Revolution, Freiheit, Märtyrer/Opfer, Blut)
- Formen und Strategien der Ästhetisierung von Gewalt
Geplant ist ein interdisziplinärer Sammelband, der Aufsätze aus der (romanistischen) Literaturwissenschaft mit Beiträgen aus der Kunst-, Kultur- und Medienwissenschaft vereinen soll.
Beitragsvorschläge (im Umfang von maximal einer Seite) werden mit kurzen biobibliographischen Angaben bis zum 15.12.2017 an Susanne Gramatzki, gramatz@uni-wuppertal.de, erbeten. Die fertigen Beiträge sollen zum 30.06.2018 vorliegen.
Beitrag von: Susanne Gramatzki
Redaktion: Marcel Schmitt