Im Gedenken an Dr. Reinhard Meisterfeld
(4.10.1940-1.12.2017)

Die tägliche Scholle wird immer schwerer
aber wir müssen sie wenden
bis zu verenden.
Doch die Lichtstreife aus Hoffnung und Glimmer
leuchtet noch immer.

Di giorno in giorno la zolla s’appesantisce
ma rivoltarla dobbiamo
finché finiamo.
La fallace speranza d’aurora
riluce tuttora.

— Reinhard Meisterfeld 2017

Das Romanische Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen sowie das Eugenio Coseriu-Archiv trauern um Reinhard Meisterfeld, langjähriger Mitarbeiter im DFG-Projekt Eugenio Coseriu und am Eugenio Coseriu-Archiv sowie Dozent in der sprachwissenschaftlichen Lehre und der Übersetzung am Romanischen Seminar.

Der in Essen geborene Reinhard Meisterfeld kam bereits früh nach Tübingen, wo er ab 1962 das Studium der klassischen und romanischen Philologie aufnahm und nach Lehraufenthalten in Bologna und Toulouse 1969 mit dem Staatsexamen in den Fächern Latein und Französisch sein Studium abschloss. Im Anschluss an sein Staatsexamen hatte er Assistentenstellen in Tübingen bei Prof. Eugenio Coseriu sowie in Münster bei Prof. Horst Geckeler inne. Auch nach dem Studium zog es ihn in die romanischsprachige Welt, 1970-1971 als Stipendiat an die Scuola Normale Superiore in Pisa, von 1971 bis 1972 und 1976 bis 1977 als DAAD-Lektor an die Universität Coimbra.

1995 reichte er seine Dissertation, erschienen als Numerus und Nominalaspekt. Eine Studie zur romanischen Apprehension, Tübingen 1998 (= Beihefte zur ZrP 293) in Tübingen ein, wo er sich, nach einem Semester als Dozent der französischen Sprachwissenschaft in Mainz, ab 1998 der Inventarisierung und Herausgabe der unveröffentlichten Schriften Eugenio Coserius widmete und bis zuletzt das Coseriu-Archiv und den Nachlass Eugenio Coserius betreute. Eine besondere Erwähnung verdient dabei die Herausgabe der Geschichte der romanischen Sprachwissenschaft, Bd. 1: Von den Anfängen bis 1492 im Jahr 2003, sowie 2004 des Buches Der Physei-Thesei-Streit. Sechs Beiträge zur Geschichte der Sprachphilosophie. In seinen eigenen wissenschaftliche Arbeiten, insbesondere in seiner Dissertation zum Nominalaspekt, die von einer umfassenden altphilologischen und gemeinromanischen Bildung und einer souveränen Einbettung in indoeuropäische Zusammenhänge zeugen, wird seine überaus beeindruckende Belesenheit, seine hervorragende philologische und sprachtheoretische Kompetenz und sein im besten Sinne klassisches Verständnis von Romanistik manifest.

Des Weiteren ist sein Werk als Übersetzer sprachwissenschaftlicher Werke zu nennen, insbesondere Carlo Tagliavinis Le origini delle lingue neolatine, übersetzt zusammen mit Uwe Petersen und veröffentlicht unter dem Titel Einführung in die romanische Philologie, sowie die Übersetzung von Sarah Dessì Schmids Arbeit Alla riscoperta dello spirito, übersetzt mit dem Titel Die Wiederentdeckung des Geistes. Eine vergleichende Analyse der Sprachtheorien Ernst Cassirers und Benedetto Croces (2005).

Die Betreuung von Studierenden sowie der fachliche Austausch mit Kolleginnen und Kollegen und mit dem wissenschaftlichen Nachwuchs lagen ihm sehr am Herzen, auch nachdem ihm schwere gesundheitliche Beeinträchtigungen die Anwesenheit am Seminar verwehrten – für ihn selbst und für das Seminar ein schwerer Schlag.

Seine Leidenschaft war die romanische Sprachwissenschaft, der er sich mit großer Hingabe und Kennerschaft widmete. Wir werden ihn als hochgeschätzten Kollegen, Wissenschaftler und Dozenten und als warmherzigen, klugen und gebildeten Menschen mit einem feinem Sinn für Humor nicht vergessen und vermissen ihn sehr. Unser Mitgefühl gilt seiner Familie.

Das Romanische Seminar der Eberhard Karls Universität Tübingen und das Coseriu-Archiv am Romanischen Seminar mit Prof. Johannes Kabatek (Zürich).