Stadt: Würzburg

Beginn: 2018-03-14

Ende: 2018-03-17

URL: http://www.mfn.uni-wuerzburg.de

Wissenschaftliches Colloquium in Würzburg vom 14.-17. März 2018

Toscanasaal der Residenz (mittwochs und donnerstags)
Bibliothek der Gräzistik im Südflügel der Residenz, III. Stock (freitags und samstags)

Dass die Selbstreferentialität, also die Eigenschaft der Literatur, auf Elemente ihrer selbst zu verweisen, nicht nur ein Phänomen der Moderne oder gar Postmoderne sei, vielmehr der Literatur schlechthin eigen: diese Erkenntnis setzt sich in den Literaturwissenschaften allmählich durch. Versuche, das Phänomen zu historisieren, hat es in den letzten beiden Jahrzehnten vorzugsweise auf dem Gebiet der erzählenden Literatur gegeben; namentlich descriptiones und andere Binnenerzählungen als Spiegelungen der erzählten Welt, Verdoppelungen von Handlungsschemata, paradigmatische Verknüpfungen und die Selbstreflexion in der nichterzählenden Rede eines Erzählers hat man als höchst produktive Varianten selbstreferentiellen Erzählens in den Volkssprachen beschrieben. Die Lyrik, insbesondere historische Formen der Lyrik, hat man unter diesem Aspekt bisher noch nicht systematisch in den Blick genommen. An diesem Punkt setzt unsere Tagung an. Ihr Ziel ist es, Altphilologen, anglistische, germanistische und romanistische Mediävisten und Frühneuzeitforscher zusammenzuführen, um Formen und Funktionen der Selbstthematisierung in der Lyrik in diachroner und synchroner Perspektive zu beschreiben und damit neue Impulse für die Erforschung selbstreferentieller Phänomene in der Literatur der Vormoderne zu geben. Ein solch historisierender und obendrein interdisziplinär-komparatistischer Ansatz ist bislang Desiderat.

Forms of Self-Referentiality in Early Modern Poetry (until 1650): Academic Colloquium in Würzburg from March 14th to 17th, 2018

The fact that self-referentiality – literature’s capacity to refer to its own elements – is not only a phenomenon of modernity or postmodernity but inherent to literature itself is gradually recognised in liter-ary studies. Over the last two decades, attempts to historicise this phenomenon have been made particularly in the field of narrative literature: especially descriptiones and other embedded stories which act as mirrors of the narrated world, the doubling of plot schemes, paradigmatic connections, and strategies of self-reflection in the non-narrative speech of a narrator have been accepted as immensely productive varieties of self-reflective narration in the vernacular languages. This phenomenon, however, has not yet been analysed in poetry, especially in historical forms of poetry. This is, therefore, the point of departure for this conference. Its aim is to bring together classical philologists, medievalists and Early Modern scholars in English, German, and Romance Philology in order to explore the forms and functions of self-referentiality in poetry along diachronic and synchronic perspectives and to give new impulses for the research of phenomena of self-referentiality in Early Modern literature. Such a historicising, interdisciplinary, and comparative approach remains a desideratum in scholarly research.

Mittwoch, den 14. März 2018
14.00 Uhr – Begrüßung und Einleitung
Spielräume dichterischer Selbstthematisierung
Moderation: Joachim Hamm (Würzburg)
14.30 Uhr – Manuel Braun (Stuttgart)
Zur Gattungsgebundenheit lyrischer Selbstbezüglichkeit: Minnesang und Sangspruch im Vergleich
15.15 Uhr – Beate Kellner (München)
Inszenierte Imaginationen. Formen lyrischer Selbstbezüglichkeit bei Reinmar und Walther
16.30 Uhr – Gerhard Penzkofer (Bamberg)
Polemik, Parodie, Kommentar: Spielräume metapoetologischer Lyrik im spanischen Barock
17.15 Uhr – Bernhard Zimmermann (Freiburg i. Br.)
Selbstreferentialität in den dionysischen Gattungen Athens

Abendvortrag
19.00 Uhr – Michael Erler (Würzburg)
Poiesin poiein. Selbstbezug und immanente Poetik in frühgriechischer Dichtung

Donnerstag, den 15. März 2018
Selbstthematisierung mit Bezug auf diskursive Kontexte
Moderation: Jens Haustein (Jena)
9.00 Uhr – David Nelting (Bochum)
… gire in paradiso. Zur Selbstthematisierung höfischer Liebe bei Giacomo da Lentini (mit einem Ausblick auf Dante)
9.45 Uhr – Bettina Full (Bochum)
Caro amico, guarda la figura. Zur Erfindung ästhetischer Erfahrung in der frühen italieni-schen Lyrik
11.00 Uhr – Sophie Marshall (Jena)
Muskatblut und sein ‚Muskatblut‘. Beobachtungen zu Ich frä mich das ich ye gesach (Groo-te Nr. 53)
11.45 Uhr – Jörg Robert (Tübingen)
Antipetrarkismus und lyrische Systemkonstitution
Selbstthematisierung mit Bezug auf pragmatische Kontexte
Moderation: Julius Goldmann (Würzburg)
14.30 Uhr – Angelika Zirker (Tübingen/Berlin)
John Donnes Deixis: Selbstreferentialität von This – Here – Thus
15.15 Uhr – Dietmar Rieger (Gießen)
Ieu port d’aiselh mestier la flor. Selbstthematisierung bei den frühen Trobadors: Wilhelm IX. von Aquitanien und sein Publikum
16.45 Uhr – Florian Kragl (Erlangen)
Das Dilemma der dritten Person. Selbstlose Referentialität im Minnesang des 12. und 13. Jahrhunderts
17.30 Uhr – Hermann Wiegand (Heidelberg)
Selbstreferentialität bei lateinischen Dichterinnen in Renaissance und Barock (Olympia Fulvia Morata, Elizabeth Weston, Anna
Maria van Schurman u. a.) – Auseinandersetzung mit ihrer Rolle als weibliche Dichter in einer von Männern bestimmten Res
publica docto-rum

Abendvortrag
19.00 Uhr – Thomas Baier (Würzburg)
carmina quae possint oculos aurisque morari Caesaris: Ein Beitrag zu Selbstaussagen römi-scher Lyriker

Freitag, den 16. März 2018
Dichter über Dichter und Kunst
Moderation: Christopher Köhler (Würzburg)
9.00 Uhr – Christian Buhr (Würzburg)
wâ sint nu alle, die von minnen sungen ê? – Selbstreferenz und Selbstdarstellung in den mittelhochdeutschen Totenklagen und Dichterkatalogen
9.45 Uhr – Miriam Wallraven (Würzburg)
Gedichte über Dichter: Die Etablierung einer literarischen Tradition der Selbst¬referentialität in England zwischen Intertexualität und Interpersonalität
11.00 Uhr – Manuel Mildner (Würzburg)
Das »Lied im Lied« als Phänomen der Kunstreflexion im hohen und späten Minnesang
11.45 Uhr – Martha Kleinhans (Würzburg)
ch’al tu’ sonetto in parte contradico – Poetische Kommunikation zwischen Dichtern der Dantezeit über (ihre) Dichtung
Moderation: Susanne Friede (Klagenfurt)
14.30 Uhr – Dorothea Klein (Würzburg)
Implizite Selbstreferentialität bei Reinmar dem Alten
Dichtermemoria und Sprachkritik
15.15 Uhr – Brigitte Burrichter (Würzburg)
Thibaut de Champagne – Selbstreferentialität und Memoria
16.45 Uhr – Émilie Séris (Paris)
Dicere cogor amores … fati cantor et esse mei: Girolamo Angeriano et le tombeau du poète
17.30 Uhr – Isabel Karremann (Würzburg)
Postreformatorische Sprachreflexion und Gedächtniskultur bei Edmund Spenser

Samstag, den 17. März 2018
Dichterische Selbstinszenierungen
Moderation: Zeno Ackermann (Würzburg)
9.00 Uhr – Matthias Meyer (Wien)
Wann spreche ich und wer bin ich dann? Formen der Selbstinszenierung bei Frauenlob
9.45 Uhr – Tobias Dänzer (Würzburg)
afflabor maiore deo: Selbstbewusstsein und Selbstreferentialität in der Dichtung Angelo Polizianos
11.00 Uhr – Barbara Ventarola (Würzburg)
Aemulative Selbstkanonisierung. Die kalkulierte Leidenschaft der Louise Labé
11.45 Uhr – Verena Lobsien (HU Berlin)
Selbst und Sympathie: Poetologie der Klage bei Sidney, Spenser und Shakespeare
12.30 Uhr – Schlussdiskussion

Veranstalter
Kolleg ‚Mittelalter und Frühe Neuzeit‘
www.mfn.uni-wuerzburg.de

Organisation und Kontakt

Prof. Dr. Dorothea Klein, Lehrstuhl für deutsche Philologie (dorothea.klein@germanistik.uni-wuerzburg.de) zusammen mit Prof. Dr. Thomas Baier, Lehrstuhl für Klassische Philologie II (thomas.baier@uni-wuerzburg.de), Prof. Dr. Brigitte Burrichter, Lehrstuhl für französische und italienische Literaturwissenschaft (brigitte.burrichter@uni-wuerzburg.de), Prof. Dr. Michael Erler, Lehrstuhl für Klassische Philologie I (michael.erler@uni-wuerzburg.de) und Prof. Dr. Isabel Karremann, Lehrstuhl für englische Literatur- und Kulturwissenschaft (isabel.karremann@uni-wuerzburg.de)

Beitrag von: Brigitte Burrichter

Redaktion: Marcel Schmitt