Stadt: Kiel

Frist: 2019-05-24

Beginn: 2019-10-23

Ende: 2019-10-25

Eine Konferenz des Fachbereichs Medienwissenschaft des Instituts für Neuere Deutsche Literatur und Medien der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel in Kooperation mit dem Internationalen Meeresfilmfestival CINEMARE Kiel

23.–25. Oktober 2019

Call for Papers

Das Meer. Metaphorisch aufgeladen in der Lyrik, Inspirationsquelle zahlreicher musikalischer Kompositionen, Handlungsraum großer Epen der Kulturgeschichte, Topos der Malerei. Nach einer langen kulturhistorischen Vorgeschichte gehört das Meer auch zu den ältesten Motiven und Themen in der Mediengeschichte des Spiel- und Dokumentarfilms. Als Projektionsfläche kultureller Phantasien, als Spielfeld filmtechnischer Entwicklungen und als Spiegel naturwissenschaftlicher Erkenntnisse birgt es einen schier unendlichen Reichtum potenzieller symbolischer, narrativer, dramaturgischer, ästhetischer, soziokultureller und politisierender Funktionen für die audiovisuellen Medien. Von der unendlichen Freiheit der Ozeane zur existentiellen Bedrohung für Schiffbrüchige und Geflüchtete, vom heterotopen Sehnsuchtsort moderner Großstadtexistenz zur zerstörerischen Naturgewalt, von der Manege für Heldenprüfungen zum Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen, von der Lebensgrundlage küstennaher Bevölkerungsgruppen bis hin zur apokalyptischen Bedrohung durch den steigenden Meeresspiegel. Das Feld der Konnotationen zum Meer wirkt so gewaltig wie der Mythos von der Unerschöpflichkeit seiner Ressourcen. Ziel der Konferenz ist es, in diese kulturhistorischen Tiefen des Meeres medienanalytisch einzutauchen sowie zentrale Darstellungsweisen, Funktionen, Interpretationen, Narrativierungen und Ideologisierungen des Meeres im Film und in anderen audiovisuellen Medien auszuloten. Veranstaltet von Medien-, Film- und Literaturwissenschaftler*innen wendet sich die Konferenz auch an alle anderen wissenschaftlichen Disziplinen, für die eine theoretische, historische, empirische oder analytische Auseinandersetzung mit dem Meer in audiovisuellen Kontexten von Bedeutung ist. So freuen wir uns auf Vorträge, die diesen weiten Gegenstandsbereich mit unterschiedlichen Theorien und Methoden, anhand verschiedener historischer oder aktueller Beispiele sowie bezüglich diverser Gattungen, Genres und medialer Kulturen vermessen. Mögliche Schwerpunkte und zentrale Fragestellungen der Konferenz können dabei wie folgt lauten:

Imag(in)ing the Sea: Das Meer zwischen Vor- und Darstellbarkeit

  • Das Meer als ‚Blackbox‘, ‚tabula rasa‘, ‚terra incognita‘: Wie entstehen über die audiovisuelle Vermittlung Vorstellungsbilder von Meer,
    der Hochsee und der Tiefsee als Sphäre außerhalb der alltäglichen und unmittelbar zugänglichen Erfahrungswelt? In welcher Weise wird das Meer dadurch zur Projektionsfläche für phantastische Imaginationen, und wie kommen diese in der audiovisuellen Darstellung zum Ausdruck?
  • Wie wird dem gegenüber versucht, realistische bzw. dokumentarische Bilder des Meeres aufzuzeigen? In welchen (Genre-)Kontexten wird das Meer mit Authentizitätsanspruch inszeniert?
  • Welche symbolischen Bedeutungen werden dem Meer zugeschrieben? Welche (kognitiven) Metaphern werden durch audiovisuelle Darstellungen des Meeres aktualisiert?
  • Welche (film-)technischen Entwicklungen haben die Darstellbarkeit und Darstellung des Meeres im Dokumentarfilm sowie im Spielfilm beeinflusst? Welche Auswirkungen haben digitale visuelle Effekte auf die Darstellungsweise der Tiefsee, von Unwettern, von Meereskatastrophen etc.?
  • Wie verhält sich die Meeresinszenierung in fiktionalen Filmen zu dokumentarischen? Ist eine wechselseitige Beeinflussung zwischen den unterschiedlichen Gattungen feststellbar?
  • Verändern naturwissenschaftliche Erkenntnisse über das Meer den filmischen Blick darauf, und wie wirken diese Meeresbilder möglicherweise auf die Vorstellungen und Verhaltens¬weisen der Film¬zuschauer zurück?
  • Wie kann man vor dem Hintergrund des Mythos der Unendlichkeit des Ozeans durch Filme ein Bewusstsein für die Endlichkeit der Ressourcen des Meeres (z.B. Fischerei) und der Grenzen der Aufnahmefähigkeit (z.B. Plastik/Müll) schaffen?

Streaming the Sea: Das Meer und seine audiovisuelle Repräsentation im Internet

  • Wie wird das Meer in audiovisuellen Artefakten im sozialen Netz repräsentiert? Gibt es Unterschiede zur filmischen Darstellung, die auf die andere mediale Rahmung zurückzuführen sind?
  • Wie kann das Spektrum an YouTube-Channels, die sich mit dem Meer auseinandersetzen, vermessen werden? Sind hier besondere Darstellungsformen, ästhetische Schwerpunkte oder narrative Strategien nachzuweisen?
  • Welchen Einfluss haben derartige YouTube-Channels und -Videos auf die Rezipienten? Wie können Rezipientenspuren in Kommentaren, Antwortvideos und/oder Bewertungen für die Beantwortung rezeptionsbezogener Fragestellungen systematisch ausgewertet werden?
  • In welcher Weise werden audiovisuelle Darstellungen des Meeres im sozialen Netz in Online-Kampagnen von politischen Gruppierungen, Wirtschaftsunternehmen oder Nichtregierungsorganisationen wie Greenpeace eingebunden?

Narrating the Sea: Das Meer als Gegenstand von Erzählkulturen

  • Wie beeinflussen audiovisuelle Narrative über das Meer dessen Auffassung im öffentlichen Diskurs? Wie lenken diese Ocean Narratives Interpretationen und Umgangsweisen des Menschen mit dem Meer?
  • Welche regionalen bzw. nationalen Eigenarten von audiovisuellen Meereserzählungen lassen sich identifizieren? Welche (unterschiedlichen) kulturellen Bedeutungen haben audiovisuelle Meeresnarrative in küstennahen und küstenfernen Kulturkreisen?
  • Spiegeln sich die transozeanischen bzw. transhanseatischen Beziehungen verschiedener Küstenmetropolen in gemeinsamen audiovisuellen Erzählwelten wider? Wie wird dabei das Meer als geteilte oder umkämpfte ökologische und ökonomische Lebensgrundlage verhandelt?
  • Wie lassen sich Ocean Narratives mit den Methoden der Digital Humanities systematisch unter¬suchen und auswerten? Wie können die Möglichkeiten der Digital Humanities komplementär zu medien-, kultur-, politik- und sozialwissenschaftlichen Ansätzen eingesetzt werden?

Encountering the Sea: Das Meer als Ort der Begegnung und politisches Handlungsfeld

  • In welcher Form wird das Meer in audiovisuellen Inszenierungen in seiner Bedeutung als Schauplatz der beabsichtigten, zufälligen oder schicksalhaften Begegnungen ausgestellt?
  • Welche unterschiedlichen Zuschreibungen erfährt das Meer dabei als Ort der friedlichen oder kriegerischen Auseinandersetzung mit dem Anderem, dem Fremden und/oder dem Unbekannten sowie der Auseinandersetzung des Individuums mit sich selbst?
  • Sind die audiovisuellen Darstellungen des Meeres ideologisch gefärbt, politisch beeinflusst oder werden sie ökonomisch instrumentalisiert?
  • Wie wird das Meer als Übergangszone/Grenze zwischen Nationen und Kulturen dargestellt? In welcher Form schließen audiovisuelle Inszenierungen des Meeres als ‚rechtsfreier Raum‘ oder Transitzone für Flüchtende an aktuelle weltpolitische Diskurse an?
  • Auf welche Weise thematisieren die audiovisuellen Darstellungen die umweltpolitische und ökologische Dimension des Meeres? Wie werden Flora und Fauna des Meeres als schützenswerter Lebensraum inszeniert? Wie wird das Einwirken des Menschen durch Ölbohrung, Verschmutzung und andere invasive Übergriffe dargestellt und wie die Gegenmaßnamen zur Wiederherstellung maritimer Ökosysteme?

Die Konferenz lädt ein, diese und weitere relevante Felder der audiovisuellen Repräsentation des Meeres fächerübergreifend zu diskutieren.
Die Konferenz findet in Kooperation und abgestimmter Programmplanung mit dem Internationalen Meeresfilmfestival CINEMARE Kiel statt. Neben einer gemeinsamen Eröffnungsveranstaltung am 23. Oktober 2019 und zwei kooperativen Filmscreenings mit anschließender Diskussionsrunde haben die Teilnehmer*innen und Gäste der Konferenz die Möglichkeit, weitere Vorstellungen des Filmfestivals zu besuchen. Das Festivalprogramm wird zusammen mit dem Konferenzprogramm im August 2019 veröffentlicht und ist auf der CINEMARE-Website (http://cinemare.org) abrufbar.

*Abstracts (ca. 2000 Zeichen inkl. Leerzeichen) für Vorträge von 20–25 Minuten plus 10–15 Minuten Diskussion können bis zum 24. Mai 2019 eingereicht werden. Schicken Sie dazu bitte eine E-Mail mit Ihrem Abstract und einer Kurzbiographie (als Word-Datei) an:
screeningthesea@ndl-medien.uni-kiel.de
*

Die Konferenzsprache ist Deutsch. Beiträge in Englisch sind dennoch willkommen und werden in der Programmplanung gesondert berücksichtigt.
Studierende, die sich im Rahmen von Lehrveranstaltungen oder wissenschaftlichen Abschlussarbeiten mit Fragen des Meeres in audiovisuellen Medien befassen, sind ausdrücklich auch zur Einreichung aufgerufen.
Die Publikation ausgewählter Konferenzbeiträge in Form eines Sammelbandes ist geplant.
Kosten für Reise oder Unterkunft können leider nicht übernommen werden.
Die Konferenz wird geplant und durchgeführt vom Fachbereich Medienwissenschaft des Instituts für Neuere Deutsche Literatur und Medien der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel vertreten durch Prof. Dr. Markus Kuhn in Zusammenarbeit mit Sandra Ludwig und Martin Ramm.

Beitrag von: Martin Ramm

Redaktion: Redaktion romanistik.de