Die Epistemologie der Geistes-und Sozialwissenschaften hat seit der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts neue Richtungen eingeschlagen. Das Interesse an Annäherungen räumlicher Kategorien und sozialer Phänomene steigt – wir wohnen einem „räumlichen Wendepunkt“ und in extenso auch einem „geographischen Wendepunkt“ in unserer Art und Weise die Welt zu denken bei. Von Henri Lefebvre (1961, 1974), der „Die Produktion des Raumes“ analysiert und dabei die politischen Dimensionen in den Vordergrund stellt, bis hin zu Michel Foucault (1967, 1984), für den der Raum in seinen alternativen und geschlechtlichen Konnotationen besteht, multiplizieren sich die Verweise auf den Raum. Der Raum repräsentiert demnach die substantielle Komponente sozialer Komplexität und lädt dazu ein, ihn neu zu denken, indem neue Methoden und Ansätze miteinbezogen werden: Territorium, Ort, Distanz, Umwelt, Natur, Landschaft, Ökologie.

Die Forschungstendenzen zu Gender stehen in Einklang mit dieser konzeptuellen Konstellation. Beginnen wir mit etwas Offensichtlichem –der Körper ist, primo sensu, der Raum. Dennoch, den Überlegungen von Francine Barthe (2010) folgend: „der Körper hat sich in einer Geographie der Heimlichkeit niedergelassen, er hat noch nicht zur Gänze den Status des wissenschaftlichen Objekts erlangt und bleibt unklar.“ Körper und Gender bilden ein gleichzeitig problematisches, aber auch untrennbares Binom. Kann man, dieser Perspektive folgend, versuchen, eine genderspezifische Hermeneutik zu konstruieren, die als Interpretationsraster des Raumes dient? Auf welche Art und Weise erlauben Überlegungen zum Gender, das Raumverständnis zu hinterfragen; und umgekehrt: inwiefern stellen Rauminterpretationen die Kategorien in Zusammenhang mit den Gender Studies in Frage?

Diese Fragen werden von 01. bis zum 03. Juli in ein interdisziplinäres und internationales Kolloquium L’espace et le genre (Raum und Gender) am Lehrstuhl für romanische Literaturwissenschaft (Fr./It.) besprochen. Das Kolloquium findet als Online Veranstaltung über Zoom statt und wendet sich an junge ForscherInnen aus den Bereichen Literatur, Kunst und Geistes-und Sozialwissenschaften. Die Vorschläge (Titel und Resümee im Ausmaß von 300 Wörtern auf Französisch, Deutsch oder Italienisch, begleitet von einem kurzen bibliographischen Hinweis) für einen Vortrag von 20 Minuten sind dem Organisationskomitee bis spätestens 30. April 2021 im PDF-Format an sekr.kulessa@philhist.uni-augsburg.de zu übermitteln.

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Beitrag von: Chloé Lamaire