Stadt: Göttingen

Frist: 2024-06-01

Beginn: 2025-02-06

Ende: 2025-02-07

Studientag an der Georg-August-Universität Göttingen (Seminar für Romanische Philologie, Didaktik der romanischen Sprachen und Literaturen) am 06.02.2025 (Auftakt) und 07.02.2025

Bewerbung für die Teilnahme mit einem Abstract (2.000 Zeichen exlus. Bibliographie) bis 01.06.2024 an birgit.schaedlich@phil.uni-goettingen.de und patricialouise.morris@uni-goettingen.de

Translanguaging und Fremdsprachenunterricht: Relevanz eines globalen Konzepts für lokale Entscheidungen in Unterrichtsentwicklung und -forschung

Translanguaging ist als Sprachtheorie und Konzept zur Förderung sprachlicher Lernprozesse (Li Wei 2018) international anerkannt. Hierbei wird dem Konzept oftmals ein besonderes Potenzial für den Zweitsprachenerwerb zur gleichzeitigen Förderung der Schul- und Bildungssprache sowie Minoritäten- oder Migrationssprachen zugeschrieben (vgl. García und Kleyn 2016). Im deutschen Bildungssystem wurde Translanguaging besonders im DaZ-Kontext und im Sachfachunterricht fruchtbar gemacht und erforscht (z.B. Niedrig und Fürstenau 2018; Duarte 2019; Montanari und Panagiotopoulou 2019).
Auffällig wenig Beachtung hat das Konzept hingegen im Bereich schulischen Fremdsprachenunterrichts des Sekundarbereichs und in der Fremdsprachenforschung gefunden (vgl. Dietrich-Grappin et al. im Druck; Schädlich zur Publikation angnommen). Insbesondere die zweiten und dritten Fremdsprachen, in deren Unterricht translinguale Praktiken mit Bezug auf verschiedene Erstsprachen und das Englische als gemeinsam erlernte Schulfremdsprache möglich wären, bleiben bislang größtenteils unberücksichtigt. Einige Projekte machen das Konzept in der Lehrer:innenbildung fruchtbar (z.B. Dumiak 2024; Bogner und Gutjahr 2020) oder nutzen Translanguaging zur Schärfung mehrsprachigkeitsorientierter Forschungsheuristiken (Schädlich 2022).

Beim Studientag, der mit einem öffentlichen Vortrag von Prof. em. Dr. Adelheid Hu (Universität Luxemburg) am Nachmittag des 06.02.2025 beginnt, soll das Ziel zunächst sein, in Anlehnung an erste Systematisierungen (z.B. Dietrich-Grappin und Hufeisen 2023: 349f.) den Forschungsstand zu Translanguaging im Fremdsprachenunterricht (mit einem besonderen Fokus auf die 2. und 3. Fremdsprachen des Sekundarbereichs) herauszuarbeiten: Was sind Potentiale und Schnittmengen des Konzepts? Was sind Momente, die einem Transfer des globalen Konzepts in die lokale Fremdsprachendidaktik ggf. entgegenstehen? In einem Unterricht, der qua Fach Kompetenzen in einer Sprache im Vordergrund stellt, unterliegen (zwangläufig?) Einsprachigkeitsnormen (vgl. Cenoz und Gorter 2021: 40; García und Otheguy 2020; Hägi-Mead 2022: 234). Andererseits hält Translanguaging Potentiale bereit, die nicht nur zur Förderung so genannter Zielsprachen beitragen, sondern das gesamte Repertoire der Lernenden einfassen sowie zu Empowerment und einem gestärkten Selbstwertgefühl beitragen können (García und Wei 2015; Fürstenau 2020: 89).

Der Studientag soll Gelegenheit geben, Forschungsprojekte zu Translanguaging im Fremdsprachenunterricht des Sekundarbereichs vorzustellen und zu diskutieren, auch hinsichtlich der angewandten Forschungsmethodologien. Für das diskussionsorientierte Format bewerben sich die Teilnehmenden zunächst mit einem Abstract. Im Vorfeld des Studientages wird ein kurzes Statement zu Leitfragen verfasst, welches als Vorbereitung und Diskussionsgrundlage allen anderen Teilnehmenden zur Verfügung gestellt wird. Bei der Präsenzveranstaltung am 06. und 07.02.25 werden die Statements mit dem Ziel einer gemeinsamen Publikation weiterbearbeitet.

Zeitplan:

Literatur

  • Bogner, Andrea & Gutjahr, Jacqueline (2020): Mehrsprachigkeit erforschen und entwickeln: Analyse eines interdisziplinären Lehrforschungsprojekts zur Ausbildung professionsbezogener Reflexionskompetenzen von angehenden Lehrer*innen. In: Birgit Schädlich (Hg.): Europäische Perspektiven auf Mehrsprachigkeit im Fremdsprachenunterricht – Regards croisés européens sur le plurilinguisme et l‘apprentissage des langues. Stuttgart: Metzler, S. 231–253.
  • Cenoz, Jason & Gorter, Durk (2021): Pedagogical translanguaging. Cambridge: Cambridge University Press.
  • Dietrich-Grappin, Sarah & Hufeisen, Britta (2023): Tertiary language didactics 2.0. A review of a multilingual didactics approach and its remodeling in the light of empirical research, translanguaging and compétence plurilingue. In: Multilingualism in Europe. Hungarian Educational Research Journal 13 (2), S. 328–357.
  • Dietrich-Grappin, Sarah; Castellotti, Véronique; Hufeisen, Britta; Wei, Li (Hg.) (im Druck): Vers la compétence plurilingue – Translanguaging im schulischen Tertiärsprachenunterricht. Berlin: Peter Lang.
  • Duarte, Joana (2019): Translanguaging in mainstream education: a sociocultural approach. In: International Journal of Bilingual Education and Bilingualism 22 (2), S. 150–164.
  • Dumiak, Gesche (2024): Metasprachliche Positionierungen zu (Mehr)Sprachigkeit in der Qualifizierung zu (mehr)sprachlicher Bildung. Zur Darstellung diskursiver Differenz mittels Positionsmaps. In: Kerstin Rabenstein; Christoph Bräuer; Delia Hülsmann; Samira Mummelthey & Svenja Strauß (Hg.): Differenzkonstruktionen in fachunterrichtlichen Kontexten. Bad Heilbrunn: Julius Klinkhardt, S. 134–150.
  • García, Ofelia & Kleyn, Tatyana (Hg.) (2016): Translanguaging with multilingual students. Learning from Classroom Moments. New York, NY: Routledge.
  • García, Ofelia & Li, Wei (2015): Translanguaging, Bilingualism, and Bilingual Education. In: García, Ofelia (Hrsg.): The Handbook of bilingual and multilingual education. Malden, MA: Wiley-Balckwell, S. 223–240.
  • García, Ofelia & Otheguy, Ricardo (2020): Plurilingualism and translanguaging: Commonalities and divergences. International Journal of Bilingual Education and Bilingualism 23 (1), S. 17–35.
  • Hägi-Mead, Sara (2022): Der amtlich deutschsprachige Raum im Kontext von Mehrsprachigkeit(en). In: Csaba Földes & Thorsten Roelcke (Hg.): Handbuch Mehrsprachigkeit. Unter Mitarbeit von Nicole Roelcke. Berlin, Boston: De Gruyter, S. 219–239.
  • Li, Wei (2018): Translanguaging as a practical theory of language. In: Applied Linguistics 39 (1), S. 9–30.
  • Montanari, Elke G. & Panagiotopoulou, Julie A. (2019): Mehrsprachigkeit und Bildung in Kitas und Schulen: Eine Einführung. Tübingen: Narr.
  • Niedrig, Heike & Fürstenau, Sara (2018): Unterricht mit neu zugewanderten Schülerinnen und Schülern: Wie Praktiken der Mehrsprachigkeit für das Lernen genutzt werden können. In: Nora von Dewitz; Henrike Terhart & Mona Massumi (Hg.): Neuzuwanderung und Bildung. Eine interdisziplinäre Perspektive auf Übergänge in das deutsche Bildungssystem. Weinheim, Basel: Beltz Juventa, S. 214–230.
  • Schädlich, Birgit (2022): ‘Das Sprechen verhandeln’: Elemente einer grounded theory mehrsprachiger Praktiken des Französischunterrichts. In: Eva Wilden; Lusia Alfes; Katja F. Cantone; Sevgi Çikrikci & Daniel Reimann (Hg.): Standortbestimmungen in der Fremdsprachendidaktik. Bielefeld: wbv, S. 352–368.
  • Schädlich, Birgit (zur Publikation angenommen): Translanguaging und migrationssensibler Fremdsprachenunterricht in den zweiten und dritten Schulfremdsprachen: Dilemmata eines Konzepts im Fokus. In: Zeitschrift für interkulturellen Fremdsprachenunterricht (2024/2).

Beitrag von: Patricia Morris

Redaktion: Julius Goldmann