Marcel Proust et la Grande Guerre. – Internationales Symposion der Marcel Proust Gesellschaft und der Universität zu Köln, ausgerichtet von Wolfram Nitsch und Jürgen Ritte.

Veranstaltungsort: Köln, Bibliotheca Proustiana Reiner Speck und Wallraf-Richartz-Museum

Aus aktuellem Anlass versammelt das Internationale Symposion «Marcel Proust et la Grande Guerre» namhafte Experten aus Frankreich, Großbritannien, USA, Japan und Deutschland, um Prousts literarische Auseinandersetzung mit dem Ersten Weltkrieg zu untersuchen.

Der Umfang von Prousts Korrespondenz und Nachlass, die Fülle neuer historischer Erkenntnisse zum Ausbruch und Verlauf der Grande Guerre sowie die jüngste Entwicklung kultur- und medienwissenschaftlicher Instrumentarien zur Analyse von Wahrnehmung, Erinnerung und Darstellung des Krieges lassen neue Forschungsergebnisse erwarten.

Zunächst wird es um den Widerhall des Ersten Weltkrieges in Prousts Korrespondenz gehen. Obwohl Proust das Kampfgeschehen nicht wie viele seiner Schriftsteller- und Künstlerkollegen an der Front erlebte, sondern stets nur vom Hinterland aus verfolgte und von 1914 bis 1918 mit ganzer Kraft an seinem literarischen Hauptwerk arbeitete, hat er sich in vielen seiner Briefe zu politischen, sozialen und militärischen Aspekten des Krieges geäußert.

Vor allem seine vergleichsweise nuancierten Stellungnahmen zum deutsch-französischen Verhältnis verdienen Beachtung. Ihnen und ihren Entsprechungen in À la recherche du temps perdu, seinen auf verschiedene Stimmen verteilten Reflexionen über nationale Identität und Staatsräson, wird ein zweiter Schwerpunkt der Tagung gelten.

Eine dritte Leitfrage betrifft die Auswirkungen der Grande Guerre auf die Genese der Recherche, deren ursprünglicher Plan in den Kriegsjahren entscheidende Veränderungen erfuhr, ohne dass Proust alle Entwürfe mit zeitgeschichtlichem Bezug in die Druck-fassung eingearbeitet hätte.

Eine vierte Gruppe von Beiträgen schließlich wird Prousts narrative Kriegsdarstellung in Le temps retrouvé, dem letzten Band der Recherche, beleuchten und danach fragen, inwiefern er die Begeisterung der futuristischen Avantgarde für die im Krieg eingesetzten Transport- und Aufklärungstechniken teilte, inwiefern er ihr aber auch eine vielschichtigere Medienreflexion im Zeichen der Trauer entgegensetzte, die später von Autoren wie Céline oder Claude Simon fortgeführt wurde.

(Aktuelles Programm siehe URL).

Programm

Donnerstag, 25. Juni 2015
Wallraf-Richartz-Museum, Stiftersaal, Obenmarspforten 40, 50667 Köln

19.00 Karl Heinz Bohrer (London)
Poetische, nicht historische Erinnerung — Und Proust?

Freitag, 26. Juni 2015
Bibliotheca Proustiana Reiner Speck, Kämpchensweg 58, 50933 Köln-Müngersdorf

09.30 Begrüßung und Einführung

10.00 Edward J. Hughes (Queen Mary College, London)
«Comme on aimait en Dieu, je v[o]is dans la guerre»: identité et identification dans la correspondance des années de guerre de Marcel Proust

11.00 Pyra Wise (ITEM, Paris)
Jean Bénac: une source cachée de Robert de Saint-Loup sur le front

12.00 Yuri Murakami (École Normale Supérieure, Paris)
«Jʼétais comme un chirurgien…»: guerre, médecine, radiographie dans la Recherche

Mittagspause

15.00 Brigitte Mahuzier (Bryn Mawr College, Pennsylvania/USA)
Je suis Charlus: Proust et la déraison dʼÉtat

16.00 Jürgen Ritte (Sorbonne Nouvelle, Paris)
«Je crois quʼon généralise trop les crimes allemands». Prousts Deutschlandbild und die französische Kriegspropaganda

17.00 Philippe Chardin (Université de Tours)
«L’inhumanité a encore de beaux jours devant elle»: vision comparée de la guerre de 1914 chez Proust et chez Karl Kraus

Samstag, 27. Juni 2015
Bibliotheca Proustiana Reiner Speck, Kämpchensweg 58, 50933 Köln-Müngersdorf

10.00 Karin Westerwelle (Universität Münster)
Pathos und Trauer. Zur Rede über den Krieg bei Proust

11.00 Jörg Dünne (Universität Erfurt)
Nacht über Paris: Krieg, Kataklysmus und Katakomben bei Proust und Céline

12.00 Wolfram Nitsch (Universität zu Köln)
Luftschutzraum und Lustrevier. Die Metro in Le temps retrouvé

Beitrag von: Martina Mohr

Redaktion: Christof Schöch