Nachruf auf Reinhold Werner (1947-2015)

Am 11. November 2015 verstarb Prof. Dr. Dr. h. c. Reinhold Werner überraschend im Alter von 68 Jahren nur wenige Wochen nach Beginn seines Ruhestandes. Als Inhaber des Lehrstuhls für Angewandte Sprachwissenschaft (Romanistik) der Universität Augsburg und gleichzeitig Leiter des Sprachenzentrums übernahm er die Vertretung seines eigenen Lehrstuhls bis zu seinem Tod.

Reinhold Werner studierte Romanische, Slawische und Baltische Philologie sowie Philosophie an den Universitäten München, Madrid und Salzburg, wo er 1975 promoviert wurde. Das Thema seiner Dissertation deutet bereits sein breites und sprachvergleichendes Verständnis der Sprachwissenschaft an: „Das slawische Element in der Sprache der ältesten rumänischen Inschriften“. 1991 habilitierte er sich an der Universität Erlangen-Nürnberg über lateinamerikanisch-spanische Lexikographie: „Amerikanismenwörterbücher des Spanischen und Wörterbücher des Spanischen Amerikas. Spezifische Probleme der Auswahl und Darbietung lexikographischer Information“, so der Titel seiner Habilitationsschrift, die ihn als Romanisten, Hispanisten und Lexikographen kennzeichnet.

Seit 1973 arbeitete er an der Universität Augsburg zunächst als Mitarbeiter, dann als Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Wissenschaftlicher Assistent bei Prof. Günther Haensch am Lehrstuhl für Angewandte Sprachwissenschaft (Romanistik) und engagierte sich in dieser Zeit stark beim Aufbau der damaligen Philosophischen Fakultät. 1976 und 1977 übernahm er Gastdozenturen im Instituto Caro y Cuervo, Bogotá, 1980 eine Vertretungsprofessur an der Universität Gießen und 1995 eine Gastdozentur an der Universität von San Miguel de Tucumán, Argentinien.
Nach der Vertretung einer C3-Professur für Romanische Sprachwissenschaft an der Universität Gießen 1980 war er über 10 Jahre als Geschäftsführer des Sprachenzentrums der Universität Erlangen-Nürnberg (ab 1983 als Akademischer Direktor) tätig. 1991 erhielt er einen Ruf an die Universität Augsburg, wo er die Angewandte Sprachwissenschaft (Romanistik) bis zu seinem Tod wesentlich prägte.

Reinhold Werner konzentrierte sich in diesen Jahren stark auf die Lexikographie. So leitete er das DFG-Projekt "Wörterbuch des amerikanischen Spanisch“, führte damit die Arbeit von Günther Haensch weiter, und gab Wörterbücher zum kolumbianischen, argentinischen, uruguayischen, kubanischen Spanisch heraus, wobei er jeweils als Mitherausgeber, Mitautor und Projektleiter arbeitete. Sein Verständnis Angewandter Linguistik wird in diesen praktischen lexikographischen Arbeiten ebenso wie in zahlreichen weiteren Publikationen zur lexikographischen Theorie deutlich.

Für diese Tätigkeiten war Reinhold Werner durch seine Biographie und seine Einstellungen prädestiniert. Er war ein Philologe im ursprünglichen Sinne des Wortes: Die Liebe zum Wort und zu den Wörtern in vielen Sprachen hat ihn geleitet. So sah er Wörter nicht allein als Bestandteile einer alphabetischen Liste. Es ging ihm vielmehr um die Geschichte von Wörtern und Sprachen, um syntaktische Bezüge zwischen Wörtern, um die sich in ihnen manifestierenden Konzepte, um kommunikative Intentionen sowie schließlich um kulturspezifische und ideologische Dimensionen der Sprache(n). Werner konkretisierte seine Vorstellungen in seiner Funktion als Herausgeber und Mitherausgeber verschiedener wissenschaftlicher Zeitschriften und als Mitglied etlicher Sprachakademien in verschiedenen Ländern.

An der Universität Augsburg engagierte sich Reinhold Werner vor allem auch für die Lehrerbildung, die er als lebensnahe Ausbildung mit Vermittlung solider Sprachkenntnisse, fachdidaktischen Handlungswissens und ohne Fokus auf allzu spezialisierte fachwissenschaftliche Schwerpunkte verstanden wissen wollte. Damit waren ihm auch die Studierenden wichtig, denen er eine gute Vorbereitung auf ihre künftigen beruflichen Tätigkeiten als Lehrerinnen und Lehrer mit auf den Weg geben wollte.

Als Ordinarius für Angewandte Sprachwissenschaft (Romanistik) übernahm Reinhold Werner gemeinsam mit seinem Kollegen der Angewandten Sprachwissenschaft (Anglistik) auch die Leitung des Sprachenzentrums der Universität Augsburg, das als zentrale Einrichtung für die Sprachausbildung in den Studiengängen der Fakultäten verantwortlich ist. Darüber hinaus war er Leiter der Arbeitsstelle FORUMOST, die in Forschung und Lehre einen Fokus auf Ost-, Ostmittel- und Südosteuropa sowie auf Russland legt. Sein Engagement würdigte die Staatliche Geisteswissenschaftliche Universität des Fernen Ostens in Chabarowsk mit einem Ehrendoktorat. Reinhold Werner war ebenfalls als Vorsitzender des Vorstandes des Bukowina-Instituts von 2003 bis 2012 aktiv und unterstützte die wissenschaftliche Entwicklung sowie die Angliederung des Instituts an die Universität. Als Geschäftsführender Direktor (1995 bis 2012) des Instituts für Spanien-, Portugal- und Lateinamerikastudien (ISLA) der Universität Augsburg, eines Mitglieds der Arbeitsgemeinschaft Deutsche Lateinamerika-Forschung, förderte er Kontakte zu akademischen und offiziellen Stellen der entsprechenden Länder.

Reinhold Werner hat stets großes Engagement in allen Bereichen seiner breiten beruflichen Tätigkeiten gezeigt. Seine Forschung und Lehre waren gekennzeichnet von umfangreichem enzyklopädischem Wissen, hoher fachlicher Kompetenz, lebensnahen und praktischen Bezügen sowie von hoher Verantwortung, Zugewandtheit und Gesprächsbereitschaft gegenüber den Kolleginnen und Kollegen. Mit Reinhold Werner haben auch die Studierenden einen zuverlässigen und geschätzten Ansprechpartner verloren.

Christiane Fäcke, Augsburg

Beitrag von: Robert Hesselbach

Redaktion: Lars Schneider