Seit den 1980er Jahren ist eine anhaltende Verflechtung der Disziplinen Ethnologie und Literaturwissenschaft zu beobachten. In der Projektierung der Literaturwissenschaft als Kulturwissenschaft nimmt das der Ethnologie zugrunde liegende Prinzip des othering eine Schlüsselfunktion ein. Umgekehrt betätigt sich die Ethnologie immer wieder in texthermeneutischen Auslegungen ihrer eigenen historisch gewordenen Wissensprodukte und erneuert dadurch ihr Selbstverständnis. Dem Workshop geht es darum, aktuelle Forschungsprojekte zu präsentieren und zu diskutieren, die an der Schnittstelle von Ethnologie und Literaturwissenschaft angesiedelt sind. In betonter Offenheit soll die Konvergenzzone beider Disziplinen anhand ihrer theoretischen und methodologischen Überlagerungen erkundet werden.

Der Zugang zu dieser Schnittstelle erfolgt im Workshop auf drei Ebenen: Ideengeschichtlich sucht er nach gemeinsamen Denkfiguren von Ethnologie und Literaturwissenschaft, wie etwa in Figuren des „Anderen“, des Primitiven, des Tricksters o.ä. Fachgeschichtlich fragt er nach der Bedeutung von Literatur (literary/reflexive turn) bzw. von poetologischen Konzepten (z.B. Mimesis) in der Ethnologie und umgekehrt nach der Bedeutung von ethnologischen Konzepten in der Literaturwissenschaft (Ritual, rites de passage, bricolage). Und schließlich untersucht er im Sinne einer transdisziplinären Perspektive sowohl das in der Ethnologie beheimatete Textgenre der Ethnografie nach ästhetisch-literarischen Gesichtspunkten als auch literarische Texte auf der Ethnografie verwandte oder entlehnte Figurationen und Verfahren (bspw. auch Techniken des Sammelns und An‑/Ordnens).

Der Workshop richtet sich an Doktorand_innen und Postdoktorand_innen der Literatur‑ und Kulturwissenschaften sowie der Ethnologie und Kulturanthropologie, die Projekte im skizzierten Bereich verfolgen. Zur Diskussion können ebenso Beiträge in Vortragsform wie auch in Fertigstellung begriffene Aufsätze, Kapitelentwürfe aus Monografien, Antragsskizzen, etc. eingereicht werden. Die Veranstaltung versteht sich explizit als Forschungswerkstatt, die auf eine produktive Besprechung fortlaufender Arbeiten aus ist. Gerne können auch theoretische Texte dritter Autor_innen zur gemeinsamen Lektüre vorgeschlagen werden. Ergänzt werden die beiden Workshop-Tage durch Abendvorträge aus beiden Disziplinen von Prof. Dr. Nicola Gess (Basel) und Prof. Dr. Karl-Heinz Kohl (Frankfurt a.M.).

Der Workshop wird ausgerichtet am 7./8. März 2017 im Rahmen des Veranstaltungsprogramms des DFG-Graduiertenkollegs „Selbst-Bildungen. Praktiken der Subjektivierung“ der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg. Bitte senden Sie Vorschläge für Beiträge in Text-/Vortragsform im Umfang einer kurzen Skizze (max. 400 Wörter), aus der die Anknüpfungspunkte an das Workshop-Thema und das persönliche Arbeitsziel in diesem Zusammenhang deutlich werden, sowie Angaben zur Person (E-Mail-Adresse und Anschrift, institutionelle Anbindung, Forschungsschwerpunkte, ggf. Publikationen) bis zum 1.12.2016 an bjoern.bertrams@uni-oldenburg.de. Teilnehmer_innen werden die Reise- und Übernachtungskosten erstattet, sofern diese nicht von ihrer Heimatinstitution übernommen werden können.

Björn Bertrams (Univ. Oldenburg), Elisabeth Heyne (TU Dresden)

Beitrag von: Elisabeth Heyne

Redaktion: Christof Schöch