Wortwechsel / Écrire en dialoguant / Writing as dialogue
Stadt: Biel / Bienne, Schweiz
Beginn: 2016-11-24
Ende: 2016-11-26
In seiner Vorlesung über die Vorbereitung des Romans stellt Roland Barthes entschieden fest: „Schreiben braucht Geheimhaltung“. Damit greift er nicht nur einen alten literarischen Topos auf, nach dem der/die SchriftstellerIn zurückgezogen von der Gesellschaft und ganz aus sich heraus schöpft. Er lässt auch durchklingen, dass die Präsenz des Anderen, des/der Lesers/in, als gedachte Konstante den Schreibprozess begleitet: Ein Gegenüber, dem es gleichzeitig etwas mitzuteilen und zu entziehen gilt. Der im Entstehen begriffene Text wird in dieser widersprüchlichen Kommunikationssituation nicht selten zum Allerheiligsten des Schreibenden erklärt. Über ihn wird geschwiegen und gleichzeitig eine Unterhaltung mit einem/r (unbekannten) Adressaten/in aufgenommen.
Demgegenüber steht eine aktuell gut zu beobachtende Tendenz zur Öffnung des Schreibprozesses für Arbeitsgespräche und kritische GesprächspartnerInnen. Sie ist weitgehend unerforscht und hängt einerseits mit der zunehmenden Professionalisierung des Schreibens zusammen. Die gemeinsame Arbeit an Texten kann den Schreibprozess effizienter machen oder aber zur Vermittlung von Erfahrungswerten und Handwerk dienen. Andererseits haben sich seit den 1960er Jahren Unabgeschlossenheit und Prozessualität als zentrale ästhetische Kategorien durchgesetzt. Schreibvorgänge zugänglich zu machen kann also auch eine programmatische Dimension haben, die aber weiterhin mit Vorstellungen von singulärer Autorschaft, Originalitäts- und Innovationsansprüchen zu konkurrieren scheint.
Mit einem Fokus auf die Bedeutung von Gesprächsformationen in literarischen Schreibprozessen, möchte die Tagung “Wortwechsel – Ecrire en dialoguant – Writing as dialogue” Schreiben als einen komplexen Vorgang mit unterschiedlichen Beteiligten zugänglich machen. Sie ist Teil des vom Schweizerischen Nationalfonds geförderten Forschungsprojekts “Schreiben im Zwiegespräch – das literarische Mentorat als Autorinstanz”, das sich mit der Dynamik von Mentorats- und Lektoratssituationen beschäftigt.
Wortwechsel – Écrire en dialoguant – Writing as dialogue
Symposium am Schweizerischen Literaturinstitut
Symposium à l’Institut littéraire suisse
24.11.2016 – 26.11.2016
Donnerstag, 24. November / Jeudi 24 novembre
Auftakt / Prélude
16.00
Begrüssung / Introduction
Marie Caffari / Johanne Mohs / Katrin Zimmermann
16.30
Jo Lendle
„Kann ein Lektor mit seinen Autoren befreundet sein? Aus dem Nähkästchen eines Verlages“
17.15
Lionel Ruffel
„Publier en dialoguant. Réflexion sur l’auctorialité dans un régime de publication généralisé“
Moderation: Peter Utz
Freitag, 25. November / vendredi 25 novembre
Schreibprozesse / Processus d’écriture
9.00 – 10.00
Lore Knapp
„Transitorische Literatur im Internet. Zur Dynamik literarischer Blogs“
10.00 – 11.00
Jerome Fletcher
“Digital Writing as Speech Act”
Moderation: Thomas Strässle
11.15
Claudia Dürr
„Wittgensteins Wink und Haslingers Hund. Zu Möglichkeiten und Grenzen des Sprechens über Literatur während sie entsteht“
12.15
Susan Bernofsky
„Translation as Writing in the Workshop Setting”
Moderation: Priska Gisler
Literarische Gesprächsformationen I: Mentorat / Formes de dialogue littéraire I: Mentorat
14.45
Jean McNeil
“Disclosure: the effects of making the private public in prose fiction workshop – some reflections from the University of East Anglia”
15.45
Sylvain Pattieu
„Vous serez à la fois lecteurs et auteurs“
Moderation: Simone von Büren
17.00
Marie Caffari / Johanne Mohs
„Autor – Figur – Gesprächspartner. Alternance de l’entretien et du processus d’écriture dans le mentorat littéraire”
Moderation: Arno Renken
18.45
Gesprächsrunde / Table ronde
„Junge Schreibende – vom Mentorat zum Lektorat“ / “Jeunes auteurs – du mentorat au lectorat”
mit Silvio Huonder, Claire Genoux, Ruth Schweikert, Silvia Tschui, Gaia Grandin, Donat Blum
Moderation: Daniel Rothenbühler
Samstag, 26. November / samedi 26 novembre
Literarische Gesprächsformationen II: Lektorat / Formes de dialogue littéraire II: Lectorat
9.00
Caroline Coutau
„Accompagner sans saccager“
10.00
Alain Farah
„Une meute à nous tout seuls. Quinze ans d’écriture avec Le Quartanier“
Moderation: Odile Cornuz
11.15
Klaus Siblewski
„Wiederkehrende Gesprächsfiguren in Mentoraten und Lektoraten“
Moderation: Katrin Zimmermann
12.15
Abschlussdiskussion / Discussion de clôture
Beitrag von: Johanne Mohs
Redaktion: Christof Schöch