Interdisziplinäre Ringvorlesung: Geisteswissenschaften entwerfen
Stadt: Hamburg
Beginn: 2018-04-25
Ende: 2018-07-11
URL: https://www.uni-hamburg.de/veranstaltungen.html?event=23430
Liebe Interessierte,
es ergeht herzliche Einladung zur Ringvorlesung der Graduiertenschule der Fakultät für Geisteswissenschaften mit dem Titel “Geisteswissenschaften entwerfen…”.
Die Vorträge finden immer mittwochs von 16–18 Uhr in ESA K (Universität Hamburg, Altes Hauptgebäude) statt.
Geisteswissenschaften entwerfen
Allen mittelfristig drängenden Problemen der Menschheit sind zwei Dinge gemein: Sie lassen sich nicht auf lokaler, sondern nur auf globaler Ebene behandeln, und sie können nicht von nur einer wissenschaftlichen Disziplin verstanden, erklärt und gelöst werden. Die Themen Klimawandel, globale Ungleichheit, Digitalisierung und Urbanisierung etwa entziehen sich aufgrund ihrer Komplexität, Reziprozität und weltumspannenden Wirkung dem Zuständigkeitsbereich einer einzigen Fachrichtung. Deshalb können sie nur durch interdisziplinäre Zugänge, die uns aus Selbstreferentialität befreien und aktiv den öffentlichen Diskurs finden, exploriert und bearbeitet werden. Dabei scheinen die oben genannten Problemfelder in der allgemeinen Wahrnehmung eher auf eine Behandlung durch die Wirtschafts-, Sozial- und Ingenieurswissenschaften zu warten. Unsere Vortragsreihe hingegen will eine geisteswissenschaftliche, neue Perspektive entwickeln. Was wir dadurch in den Blick bekommen, ist weniger die Fähigkeit, künftige Szenarien vorherzusehen oder konkrete Lösungsansätze zu unterbreiten. Vielmehr erlangen wir die Möglichkeit, ein ganzheitliches Verständnis für die Herausforderungen der gegenwärtigen Welt zu gewinnen. Auf diese Weise können wir uns in einer sich radikal und disruptiv ändernden Welt von herkömmlichen Denkmustern befreien und Handlungsalternativen für die Zukunft entwerfen.
25.04.2018 Ökologie
Macht, Wissen, Transformation – Environmental Humanities für einen gesellschaftlichen Wandel
Anna-Lena Glesinski, Hamburg
Das Ende des Anthropozäns wird vielerorts ausgerufen. Eine Neuperspektivierung der gesellschaftlichen Machtverhältnisse und menschlichen Wissensproduktion ist im Angesicht von Klimawandel, der Endlichkeit von Naturgütern und landrechtlichen Auseinandersetzungen im 21. Jahrhundert unumgänglich. Unter Vorzeichen von sozialem Umbruch und ökologischer Krise ist rund um den Begriff der Environmental Humanities in den letzten Jahrzehnten ein transnationales und interdisziplinäres Forschungsfeld innerhalb der Geisteswissenschaften entstanden. Hier wird ein Umdenken im Diskurs um die Beziehung zwischen Natur und Mensch gefordert, die Trennung von westlichen, östlichen und indigenen Formen von Wissen und Macht hinterfragt und Transformation auf lokaler und globaler Ebene gefordert. Die Wissenschaftler*innen ergründen, wie Wissensproduktion und Kommunikation im ökologischen Sinne funktionieren und welche Rolle Vernetzung und digitaler Wandel in Welt und Wissenschaft spielen.
Der Vortrag wird das Forschungsfeld skizzieren, ein Bild des aktuellen Forschungsstands auf internationaler Ebene sowie im deutschsprachigen Raum zeichnen und Ideen sammeln, wieso der Standort Hamburg attraktiv für umweltorientierte Geisteswissenschaften ist. Im Rahmen der Reihe „Geisteswissenschaften entwerfen“ werden hier folgende Fragen gestellt: Wie können Geisteswissenschaften sozialökologischen Wandel gestalten? Und wie können und müssen wir schon heute die Geisteswissenschaften von morgen entwerfen?
06.06.2018 Politik
We need to talk about our future
Fritz Gillerke, Bayreuth
The 21st century is facing a global transformation of economic and political systems. By shaping the institutions of our future we need to rethink our concern for all those who will be affected by our actions – even if they are not yet born. This requires an unprecedented change in the understanding of our political institutions and the fundamental democratic principles underlying them. If we want to take seriously the idea of accounting for the interests of future generations, we will necessarily need to question the way we include and exclude people in modern democracies. This poses a conundrum for cosmopolitans and nationalists alike but more importantly challenges our conceptions of global and intertemporal representation within the boundaries of democracy. Drawing on debates on models of deliberative democracy, environmentalism, democratic representation and legitimacy, this talk discusses two of the most pertinent questions of contemporary political philosophy: How can we make political decision-making more adaptive to the interests of future generations? And how can our democratic institutions ensure justice between generations?
20.06.2018 Digitale Gesellschaften
Class and African Literature in a Digital Age
Shola Adenekan, Bremen
The Nigerian writer Chimamanda Ngozi Adichie articulates an under-theorization of African class and social formation in postcolonial studies. In an interview with the British journalist Stephen Moss (2007), she recounts a conversation she had with a professor, while she was a postgraduate student at an Ivy League university; this academic had refused to believe in the veracity of her first novel Purple Hibiscus (2003) because it portrays people who are middle class. Adichie points out that: “People forget that Africa is a place in which class exists.”
Adichie’s experience speaks to the fact while there is no shortage of studies on class analysis in the western world (Borislav Knezevic, 2003; Barbara Ehrenreich, 1990; and Dimock & Gilmore, 1994; are good examples) literary analysis on class formation in the postcolonial world of Africa, are few and far between. But class-consciousness is not alien to many African societies and if we are to investigate modern African identity and the construction of self in the 21st Century, shaped between globalizing and localizing tendencies, the question of social class cannot be ignored.
Using history as a starting-point, this paper will argue that our understanding of class has for a long time been influenced by a Euro-modern concept of social status, which sees class as an idea that is applicable only to Western societies and that class can only be comprehended by framing arguments through this perspective. It will argue that ideas of social status are also part of history in non-western societies such as Nigeria and Kenya. And that this notion of class consciousness is exemplified by new creative writings being published in the digital age. I will argue that these online literature is organised around not just the present but also the robust interpretation of the past. This is because new media technologies give writers new avenues to shape, recreate, possess, re-live, experience, and remember forgotten old cultural practices and create new contemporary cultural values.
My paper will discuss tensions between forms of cultural representation and how these are mediated through the use of digital technologies. I argue that the digital space is the ideal place to theorize on how a particular African ‘middle-class’ self is being engineered by writers of blogs, commentary, online poems, short fictions and essays; contributors to YouTube and other video posts.
04.07.2018 Urbanisierung
Die „funktionale Stadt“. Wissensgeschichte eines Planungskonzepts
Christa Kamleithner, Berlin
Die „funktionale Stadt“ gerinnt auf dem vierten CIAM-Kongress 1933 zur wirkmächtigen Formel, die den radikalen Umbau vieler Städte nach dem Zweiten Weltkrieg anleitet. Gemeinhin wird sie als architektonisches Konzept verstanden, das einem autoritären Gestus verpflichtet ist und von einer tabula rasa ausgeht. Eine Wissensgeschichte, die den Anfängen des Konzepts bis in die 1870er Jahre nachgeht, kann jedoch zeigen, dass es in einer Mimesis von Marktprozessen entsteht und stattfindende Sortierungsprozesse bereinigt und verstärkt. Eine solche Perspektive, die den historischen Zusammenhang von Planung und Marktentwicklung zeigt, ist auch für die aktuelle Reflexion von Planung von Belang.
11.07.2018 Globalisierung
Narrative der Globalisierung und des Klimawandels – Geisteswissenschaftliche Perspektiven auf öffentliche Diskurse
Dominik Schreiber (Hagen)
Herzliche Grüße von den OrganisatorInnen,
Babette Bernhardt, Madeleine Löning, Berenice Möller, Christiane Müller-Lüneschloß und Stephan Renker
Beitrag von: Christiane Müller-Lüneschloß
Redaktion: Marcel Schmitt