Stadt: Münster

Beginn: 2014-12-04

Ende: 2014-12-06

URL: http://www.uni-muenster.de/GRKLitForm/Veranstaltungen/nachwuchstagung_2014/programm.html

Am Ende der Wissensgeschichte? Zum erkenntniskritischen Potential literarischer Formverfahren
04. – 06. Dezember 2014, WWU Münster, Schlossplatz 5, Festsaal im Schloss

Die kulturwissenschaftlich orientierte Literaturwissenschaft widmet sich seit längerem der Erforschung von Wissensdiskursen in ihrer historischen und kulturellen Transformationsfähigkeit. Die Grenzen zwischen literarischem und wissenschaftlichem Schreiben wurden dabei vielfach aufgelöst: Die Literatur erschien als wissensproduzierender Diskurs und wissenschaftliche Erkenntnis als ästhetisches Phänomen. Im Rahmen der ‚literarischen Anthropologie‘ wurde die Literatur darüber hinaus zum Träger eines ‚Lebenswissens‘ erklärt, das in poetischen Formaten unmittelbar präsent sei.

Im Fokus der Tagung sollen Überlegungen zum Status der Literatur als Modus von Wirklichkeitsreflexion stehen. Lässt sich überhaupt von einem ‚Wissen‘ der bzw. in der Literatur sprechen? Heben sich literarische Texte nicht durch ihre ästhetischen Formverfahren und ihr Verbleiben im Modus der Potenzialität von solchen Schreibweisen ab, die auf Wissenserzeugung und -vermittlung ausgerichtet sind? Lassen sich besondere poetische Strategien finden, durch die Wissensansprüche zwar einerseits erhoben, andererseits aber in ihrer Verbindlichkeit relativiert, eingeschränkt oder gebrochen werden? Inwiefern ermöglicht die Literatur – mittels Form – zeitkritische Destabilisierungen, Gedankenexperimente, Utopien oder Dystopien? Es fragt sich also, ob und auf welche Weise literarische Formverfahren Wissensbestände transportieren, aber auch brechen, perpetuieren, simulieren oder neu erschaffen können.

Die interphilologische Nachwuchskonferenz reagiert auf diese Fragen, indem sie sich dem Spannungsverhältnis von Form und Wissensproduktion mit einem Schwerpunkt auf der Erkenntniskritik des Literarischen widmet. Erwünscht sind insbesondere Beiträge, die aus der Textanalyse heraus eine Theorie des jeweiligen Formverfahrens entwickeln. Die Tagung nimmt dabei sowohl die systematische Pluralität als auch den diachronen Wandel der genannten Phänomene in den Blick.

Programm

Donnerstag, 04. Dezember 2014

14.00 – 15.00 Uhr Anmeldung
15.00 – 15.30 Uhr Begrüßung

15.30 – 17.00 Uhr Formverfahren als Wissensrelativierung und Wissenskritik (I)
Franziska Bomski (Weimar): »The real kind of intellectual adventure« – Mathematik und Narration bei David Foster Wallace
Matthias Löwe (Jena): Form als Wunderwaffe der Literaturwissenschaft? Überlegungen zur Relativierungsfunktion literarischer Formverfahren

17.00 – 17.30 Uhr Kaffeepause

17.30 – 18.45 Uhr Keynote
Albrecht Koschorke (Konstanz): Ästhetische Form bei Hegel

20.00 Uhr Abendessen im Mocca d’Or

Freitag, 05. Dezember 2014

09.30 – 10.45 Uhr Keynote
Andrea Albrecht (Stuttgart): »Die Kunst ist nur der Affe dieser Gedankenkämpfe«. Erkenntnisnarrative in Wissenschaft und Literatur
10.45 – 11.15 Uhr Kaffeepause

11.15 – 12.45 Uhr Formverfahren als Wissensrelativierung und Wissenskritik (II)
Paul Strohmaier (Trier): Implodierende Diskurse – Flauberts »Bouvard et Pécuchet« als enzyklopädischer Nekrolog
Fabienne Imlinger (München): »Ma confession fut entière. Je me dispense d’entrer ici dans le détail minutieux de cet examen.« Die diskrete Kunst des Geständnisses in Adélaïde Herculine Barbins »Mes Souvenirs« (1874)

12.45 – 13.45 Uhr Mittagspause

13.45 – 15.15 Uhr Formverfahren als Wissensrelativierung und Wissenskritik (III)
Annika Domainko (Heidelberg): Wirklichkeitsreflexion zu Zeiten des Umbruchs: Konzepte geschichtlicher Zeit bei Livius und Velleius Paterculus
Christian van der Steeg (Zürich): Wissen und Vergessen. Naturforscher und Künstler entdecken im 19. Jahrhundert die Atmosphäre

15.15 – 15.45 Uhr Kaffeepause

15.45 – 17:15 Uhr Literarische Formen als Träger impliziten und alternativen Wissens (I)
Stephen Koetzing, (Erlangen-Nürnberg): Metaphern als Träger impliziten Wissens: (Lebens-)Werk und Autorschaft in Paul Austers »Travels in the Scriptorium« und »Man in the Dark«
Jakob Lenz (Heidelberg): Bilder voller Bedeutung. Ekphrasis als Modus der Theoriebildung in der griechischsprachigen Kaiserzeit

17.45 – 19.15 Uhr Lesung und Gespräch
Lukas Bärfuss liest aus seinem Roman »Koala«

20.00 Uhr Abendessen im Klemens im Stadthaus

Samstag, 06. Dezember 2014

09.00 – 10.30 Uhr Literarische Formen als Träger impliziten und alternativen Wissens (II)
Sarah Fallert (Berlin): Dichtung als Wissenschaft und die Grenzen ihrer wissenschaftlichpoetologischen Erfassbarkeit: Antonio Burriels »Compendio del arte poética« (1757)
Bernhard Stricker (Bochum): Das Schweigen des Textes. Literarische Form und philosophische Erkenntnis nach Stanley Cavell

10.30 – 11.00 Uhr Kaffeepause

11.00 – 12.30 Uhr Reflexion und Transformation epistemischer Methoden (I)
Florian Schmid (Greifswald): Formationen des Wissens. Überlegungen zu literarischen Texten als Quellen in der Chronistik des Mittelalters
Yannick Lauppe (Freiburg): Methodischer und diskursiver Wechsel am Beispiel des ‚Unterscheidens’ bei Heinrich Seuse (1295-1366)

12.30 – 13.30 Uhr Mittagspause

13.30 – 14.15 Uhr Reflexion und Transformation epistemischer Methoden (II)
Erika Thomalla (Berlin): Die Produktion des Wahrscheinlichen. Das Erzählexperiment in J.K. Wezels »Belphegor«

14.15 – 15.00 Uhr Formen literarischer Modernereflexion (I)
Anna S. Brasch (Bonn): Poetische Totalität. Zur literarischen Form heimatkünstlerischer Modernereflexion um 1900

15.00 – 15.30 Uhr Kaffeepause

15.30 – 17.00 Uhr Formen literarischer Modernereflexion (II)
Benjamin Loy (Köln): Literatur und (die Grenzen der) Erkenntnis – (Über)LebensWissen, Präsenzeffekte und literarische Form im Werk Roberto Bolaños
Jörg Schuster (Marburg): Formexperimente des Magischen Realismus der 1930er-Jahre zwischen ideologischer Implikation, medialer Wissensform und ästhetischer Subversion

17.00 – 17.10 Uhr Verabschiedung

Beitrag von: Martin Lange

Redaktion: Reto Zöllner