Stadt: Wien

Frist: 2022-01-15

Beginn: 2022-09-21

Ende: 2022-09-24

URL: https://frankoromanistentag.univie.ac.at/cfp-und-sektionen/

Sektionsleitung: Corina Petersilka (FAU Erlangen)/Thomas Scharinger (FSU Jena)/Roger Schöntag (FAU Erlangen)

Dass das Französische ab dem 17. Jh. auch außerhalb Frankreichs als Kultur- und Verkehrssprache zunehmend an Bedeutung gewann und schließlich im 18. Jh. in ganz Europa als langue universelle der Höfe, der Diplomatie und der Wissenschaften galt, ist hinreichend bekannt und wird in der französischen Sprachgeschichtsschreibung seit Langem immer wieder hervorgehoben (vgl. schon Brunot 1917, 1934-1935). Obwohl diese Popularität des Französischen in den vergangenen hundert Jahren Gegenstand zahlreicher Studien gewesen ist, sind bis heute nicht alle Aspekte dieses Phänomens umfänglich untersucht worden:

  • Während zur Geltung des Französischen im deutschsprachigen Raum (z.B. Kramer 1992, Petersilka 2005) und in Russland (z.B. Offord/Rjéoutski/Argent 2018) bereits einschlägige Arbeiten vorgelegt worden sind, hat man sich anderen Regionen, so etwa Nordeuropa (z.B. Maber 2017, Härmä 2019), erst vor Kurzem zugewandt.
  • Selbst in den auf den ersten Blick gut untersuchten Gebieten, wie z.B. dem deutschsprachigen Raum, sind gewisse Themen nur unzureichend erforscht. So weiß man über die Rolle des Französischen als Hofsprache jenseits des Preußischen Hofs nur wenig. Wie neuere Studien zu Bayern zeigen (z.B. Schöntag im Druck), war das Französische bereits im 17. Jh. auch in Fürstentümern verbreitet, von denen man annahm, dass sie sich noch stärker an Italien und dem Italienischen orientierten. Auch die Bedeutung der hugenottischen Glaubensflüchtlinge sowie deren Wirken als Sprachmeister, Erzieher und Gouvernanten sind bisher nur vereinzelt beschrieben worden (vgl. Petersilka 2019).
  • Bislang ungeklärt bleibt die Frage, wie populär das Französische außerhalb Frankreichs im 17. und 18. Jh. tatsächlich war. Selbst die jüngsten Studien (z.B. Adam/Mondot 2019) beschränken sich fast ausschließlich auf die Verwendung des Französischen durch den Adel oder Intellektuelle. Dass auch die classes populaires des Französischen mächtig waren, wurde bereits mehrfach angezweifelt (vgl. Mattheier 1997). Andererseits lassen Arbeiten zu bestimmten Textsorten, etwa zu Bittbriefen von Untertanen an Fürsten (Schöffel 2018), vermuten, dass das Französische nicht nur auf den Hochadel beschränkt war.

Ziel der Sektion ist es, Forschende, die sich mit der Verbreitung des Französischen im Europa des 17. und 18. Jh. beschäftigen, in Wien zusammenzubringen, um u.a. folgende Fragen zu diskutieren:

  • In welchen in der Forschung bisher kaum oder nicht berücksichtigten Gebieten Europas war das Französische als lingua franca von Bedeutung?
  • Anhand welcher bislang nicht analysierten – möglicherweise sogar digitalisierten – Quellen können die bisherigen Erkenntnisse zur Verbreitung des Französischen als Verkehrs- und Migrantensprache bestätigt oder auch hinterfragt werden?
  • War das Französische auch in den milieux populaires verbreitet? Gibt es neben metasprachlichen Hinweisen von Zeitgenossen auch Schriftstücke von weniger gebildeten Schreibern, anhand derer sich ihre Französisch-Kompetenz ermitteln lässt?

Der Schwerpunkt liegt auf Nord-, Zentral- und Osteuropa. Vortragsvorschläge zum Französischen in Südeuropa sind aber ebenfalls willkommen. Sektionssprachen sind das Französische und das Deutsche.

Bibliographie

Adam, Wolfgang & Jean Mondot (eds.). 2019. Gallotropismus und Zivilisationsmodelle im deutschsprachigen Raum (1660-1789), vol. 4: Praktizierter Gallotropismus. Heidelberg: Winter.
Brunot, Ferdinand. 1917. Histoire de la langue française des origines à 1900 (= HLF), vol. 5: Le français en France et hors de France au XVIIe siècle. Paris: Colin.
Brunot, Ferdinand. 1934-1935. Histoire de la langue française des origines à 1900 (= HLF), vol. 8, 1-3: Le français hors de France au XVIIIe siècle. Paris: Colin.
Härmä, Juhani. 2019. Le français et le suédois dans les correspondances finlandaises des 18e et 19e siècles: Contacts de langues. In Dufter, Andreas, Klaus Grübl & Thomas Scharinger (eds.), Des parlers d’oïl à la francophonie. Contact, variation et changement linguistiques, 209–228. Berlin: de Gruyter.
Kramer, Johannes. 1992. Das Französische in Deutschland. Eine Einführung. Stuttgart: Steiner.
Maber, Richard. 2017. La France et l’Europe du Nord au XVIIe siècle. De l’Irlande à la Russie. Tübingen: Narr.
Mattheier, Klaus J. 1997. Französisch verdrängt Deutsch? Soziolinguistische Überlegungen zum 18. Jahrhundert. In Spillner, Bernd (ed.), Französische Sprache in Deutschland im Zeitalter der Französischen Revolution, 27–38. Frankfurt a.M.: Lang.
Offord, Derek, Vladislav Rjéoutski & Gesine Argent. 2018. The French Language in Russia. A Social, Political, Cultural, and Literary History. Amsterdam: Amsterdam University Press.
Petersilka, Corina. 2005. Die Zweisprachigkeit Friedrichs des Großen. Ein linguistisches Porträt. Tübingen: Niemeyer.
Petersilka, Corina. 2019. Die Familie Meynier als Fallbeispiel hugenottischer Integration in Erlangen. In Schöntag, Roger & Stephanie Massicot (eds.), Diachrone Migrationslinguistik: Mehrsprachigkeit in historischen Sprachkontaktsituationen, 213–266. Berlin: Lang.
Schöffel, Matthias. 2018. Bittschriften von Untertanen an Therese Kunigunde aus Bayern – Vorstellung des Korpus und exemplarische Analyse des Französischen. In Schöntag, Roger & Barbara Schäfer-Prieß (eds.), Seitenblicke auf die Französische Sprachgeschichte, 459–481. Tübingen: Narr.
Schöntag, Roger. im Druck. Geschichte des französischen Einflusses auf das Deutsche unter besonderer Berücksichtigung des Bairischen. Ein Überblick mit zeitgenössischen Quellen. In Schöntag, Roger & Barbara Schäfer-Prieß (eds.), Romanische Sprachgeschichte und Sprachkontakt, x-y. Berlin: Lang.

Einreichung/Abstract

Die Einreichungen haben eine Länge von höchstens 500 Wörtern (ohne Bibliographie). Für die Einreichungen wird die Vorlage verwendet, die auf der Wiener Webseite des Kongresses verfügbar ist, in französischer oder deutscher Sprache; sie sollen bis zum 15. Januar 2022 an die folgende Adresse geschickt werden: thomas.scharinger@uni-jena.de. Über die Annahme wird bis 28. Februar 2022 informiert.

Beitrag von: Roger Schöntag

Redaktion: Robert Hesselbach