Neuer MA-Studiengang „Literarisches Übersetzen in Theorie und Praxis“ Friedrich-Schiller-Universität Jena, Philosophische Fakultät
Stadt: Jena
Beginn: 2022-10-01
URL: https://www.uni-jena.de/ma-literarisches-uebersetzen-theorie-praxis
Im Wintersemester 2022/2023 geht an der Friedrich-Schiller-Universität Jena ein neuer Studiengang an den Start: der Masterstudiengang „Literarisches Übersetzen in Theorie und Praxis“.
Damit rückt die Friedrich-Schiller-Universität Jena in den kleinen Kreis der deutschen Universitäten, die eine akademische Ausbildung im Bereich des literarischen Übersetzens anbieten. Bislang gab es mit dem MA „Literaturübersetzen“ an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf und dem MA „Literarisches Übersetzen“ an der Ludwig-Maximilians-Universität München bundesweit nur zwei Studiengänge, die sich an angehende Literaturübersetzer richten.
Der Jenaer Masterstudiengang verbindet sowohl in seiner Anlage als auch in seinem Qualifikationskonzept die Methodik der Philologie und der Übersetzungskritik mit dem praktischen Handwerkszeug des literarischen Übersetzens. Den Studierenden werden somit grundlegende Kenntnisse und Fertigkeiten vermittelt, die zu einem fachgerechten Umgang sowohl mit dem Übersetzen von Literatur als Praxis als auch mit der literarischen Übersetzung als Gegenstand literaturwissenschaftlicher bzw. literarhistorischer Forschung befähigen. Ein Kernstück des Konzepts besteht in den drei jährlich stattfindenden Masterclasses, die von professionellen Übersetzern geleitet werden und „spezifischen Problemen des literarischen Übersetzens“ gewidmet sind.
Damit aber nicht genug.
Einzigartig ist einerseits das Spektrum der angebotenen Schwerpunktsprachen, das neben den kanonischen Neuphilologien Französisch, Italienisch, Spanisch, Russisch und Polnisch, die Altphilologie (Latein), die Philologien des mittelalterlichen und des neuzeitlichen Lateins sowie die „kleinen“ süd- und osteuropäischen Sprachen wie Rumänisch, Bulgarisch und Serbisch/Kroatisch umfasst.
Ein weiteres Alleinstellungsmerkmal des Studiengangs besteht andererseits in der engen Kooperation mit der Klassik-Stiftung Weimar: Im Rahmen eines eigens dafür konzipierten Moduls werden die Studierenden am Goethe- und Schiller-Archiv und an der Herzogin Anna Amalia Bibliothek in die Techniken der Textedition eingeführt und erhalten somit Einblick in die Forschungs- und Arbeitsbereiche von Archiven und Bibliotheken. Die drei jährlichen Masterclasses finden im Wielandgut Oßmannstedt statt – einem Ort, der stellvertretend für den Genius loci der „Doppelstadt“ Weimar-Jena steht. Die Wahl der Standorte (Jena, Weimar, Oßmannstedt) ist mithin auch als ein Bekenntnis zur ʻübersetzerischen Revolutionʼ zu verstehen, die um 1800 von Jena und Weimar ausging und die u.a. mit den Namen von Wieland, Knebel, Goethe, Hölderlin, August Wilhelm Schlegel, Caroline Schlegel-Schelling und Sophie Mereau-Brentano verbunden ist.
Eine dritte Besonderheit des Studiengangs besteht im projektorientierten Modul „E-Portfolio“, einer Plattform zur Verwaltung von Studienleistungen und Arbeitsproben, die jeder Studierende individuell sowie im Austausch mit Lehrenden und Peers im Laufe des gesamten Studiums anlegt und gestaltet. Die Studierenden werden auf diese Weise gezielt für die berufliche Praxis vorbereitet. Im Rahmen eines von der Hochschule für Musik Franz Liszt Weimar angebotenen Moduls erhalten sie zudem Einblick in grundlegende Aspekte der Kulturökonomie; denn der Beruf des Literaturübersetzers erfordert nicht nur übersetzerisches Können, sondern auch Kompetenzen im Selbstmanagement und in der Selbstvermarktung.
Als ein Glücksfall kann schließlich der Umstand angesehen werden, dass alle beteiligten Jenaer Dozenten – Altphilologen, Philologen, Philosophiehistoriker, Romanisten und Slawisten – nicht nur in der Übersetzungskritik und -Theorie ausgewiesen sind, sondern auch eine langjährige Erfahrung im literarischen Übersetzen und in der Editionsphilologie vorweisen können.
Jena möchte sich auf diese Weise als neue bzw. alt-neue Heimstatt der literarischen Übersetzung profilieren, ganz im Sinne der jahrhundertealten europäischen Tradition der „Übersetzer-Schulen“, die im 12. Jahrhundert in Toledo mit Übersetzungen vom Arabischen ins Mittelalter-Latein ihren Anfang nahm.
Beitrag von: Claudia Brauer
Redaktion: Robert Hesselbach