Stadt: München

Frist: 2015-03-15

Beginn: 2015-10-29

Ende: 2015-10-31

URL: http://www.mimesis-doc.uni-muenchen.de/index.html

Call for Papers:

Faking, Forging, Counterfeiting. Discredited Practices at the Margins of Mimesis

Conference of the Munich Doctoral Program for Literature and the Arts MIMESIS
29-31 October 2015
CAS – Centre for Advanced Studies, LMU Munich

Fakes, forgeries and counterfeits are omnipresent as works of art, branded products, biographies, satellite pictures, documents, news, research results, testimonies. They are mimetic practices of unique cultural, economical and political relevance. They alter reality, make history and perform cultural work. As their impact contrasts with their negative connotation, why are they still first and foremost considered as fraud, as deceit, as the shadow of a creative act?
The conference aims to engage an interdisciplinary dialogue on the potential impacts of fakes, involving literature, performance and media studies as well as art history and musicology, with their diverging media and multiple concepts of the original. These practices should be understood as productive mimetic processes and not as morally and legally problematic phenomena. If the so-called original is mimetically constituted, as in the case of art forgery, then faking becomes a phenomenon in the second degree. May that be the fundamental reason for them being discredited? These and similar questions should be discussed with respect to the following research areas:

1. Faking as process: Fakes, forgeries and counterfeits manifest themselves mostly in objects, which are always embedded in intricate cultural processes. Their success rather depends on the way they are placed in particular power and discourse structures, and less on craftsmanship or on the materiality of their media. Fakes reflect epistemic frontiers, cultural conventions and social mechanisms, or work to make them visible in the first place. Recent cases (e.g. Wolfgang Beltracci’s art forgeries) as well as historical ones (e.g. The Poems of Ossian, The Protocols of the Elders of Zion) show that counterfeits respond to blank spaces (Reulecke), collective needs and expectations and are often even deliberately directed at these. Is this the reason why the unmasking of a fake appears so unsettling, even subversive like hoaxes, or does it only reinforce dominant structures?
2. Fakes in intercultural contexts: The discussion on forgery is closely related to historic-ally and culturally informed ideas of authenticity, legality, authorship, creativity, tradition and innovation. Not only the concept of faking, but also the entire scale between the authentic and the faked (Keazor) must be considered within its cultural context. When objects are transferred from one cultural sphere to another, the question arises of how and whether their status changes from fake to authentic or vice versa. Does the investigation of faking from non-European or postcolonial perspectives demand a more complex approach?
3. Forgery and related phenomena: Are fakes, as mimesis of mimesis, mimetic procedures in the second degree marginalized and stained by the defect of the non-original? From this point of view one encounters a number of related phenomena, which do not constitute a fake in the literal sense, but are based on equivalent processes of production and reception, such as repetition, translation, copying, citation, appropriation. As in the case of faking, the difference between the model and the imitation frequently becomes imperceptible. Self-reflexive, playful practices have emancipated themselves from the status of the non-original: Among them are pastiche, reenactment, appropriation art, pseudotranslation, mockumentary. Can these phenomena be productively considered alongside practices of faking? Is such a shift of perspectives also conceivable for forgery?

We invite proposals from the areas of literature, performance and media studies as well as art history, musicology and related fields. Submissions from junior researchers and Ph.D. students are welcome. Papers should be 30 minutes in length and, if possible, be given in English. Travel expenses and accommodation will be provided within the limits of the budget.
Please send an abstract of no more than 2000 characters and a brief CV (including contact information) until 15 March 2015 to forgery@lrz.uni-muenchen.de.

Deutsche Fassung:

Konferenz des Munich Doctoral Program for Literature and the Arts MIMESIS
29.-31. Oktober 2015
CAS – Centre for Advanced Studies, LMU München

Fälschungen sind allgegenwärtig: In Form von Kunstwerken, Markenartikeln, Biografien, Satellitenaufnahmen, Dokumenten, Nachrichten, Forschungsergebnissen oder Zeugenaussagen kursieren sie in der (medialen) Wirklichkeit. Sie sind daher mimetische Praxis von geradezu einzigartiger kultureller, ökonomischer und politischer Relevanz. Fälschungen verändern Welten, schreiben Geschichte, verrichten kulturelle Arbeit. Diese Wirkungsdimension von Fälschungen steht im scharfen Gegensatz zur negativen Konnotation des Begriffs. Warum also werden Fälschungen in erster Linie als Betrug, als Täuschung, als Schatten eines schöpferischen Akts gesehen?
Die Konferenz möchte im interdisziplinären Dialog zwischen Literatur-, Theater-, Musik- und Medienwissenschaften sowie der Kunstgeschichte mit jeweils divergierenden Originalbegriffen und medialen Voraussetzungen diesem Wirkungspotenzial der Fälschung nachgehen. Dabei sollen Fälschungen nicht als moralisch und juristisch problematisches Phänomen, sondern als produktives mimetisches Verfahren lesbar gemacht werden. Wenn das Vorbild einer Fälschung, das sogenannte Original, wie im Fall der Kunstfälschung selbst mimetisch konstituiert ist, werden Fälschungen zu einem Phänomen des Sekundären. Liegt gerade hier vielleicht ein wesentlicher Grund für die Abwertung von Fälschungen verborgen? Diese und ähnliche Fragestellungen sollen anhand von drei zentralen Themenkomplexen diskutiert werden:

1. Fälschen als Prozess: Fälschungen manifestieren sich zwar meist in Objekten, sind jedoch stets in komplexe kulturelle Prozesse eingebunden. Der Erfolg einer Fälschung hängt ganz wesentlich von ihrer Platzierung innerhalb bestimmter Macht- und Diskursstrukturen ab und weniger von den materiellen Eigenschaften ihres Mediums oder der Kunstfertigkeit ihrer Ausführung. Fälschungen spiegeln epistemische Grenzen, kulturelle Konventionen und soziale Mechanismen wider oder machen sie überhaupt erst sichtbar. Aktuelle (z.B. Wolfgang Beltracchis Kunstfälschungen) wie historische Fälle (z.B. Die Gedichte Ossians, Die Protokolle der Weisen von Zion) zeigen, dass Fälschungen auf Leerstellen (Reulecke), kollektive Bedürfnisse und Erwartungen antworten, oftmals sogar auf sie hin berechnet sind. Wirkt deshalb die Aufdeckung einer Fälschung so verunsichernd, gar subversiv wie hoaxes, oder trägt sie letztlich doch zur Stabilisierung herrschender Strukturen bei?
2. Fälschungen in interkulturellen Kontexten: Wann und wie von Fälschung gesprochen wird, ist eng verknüpft mit historisch-kulturell geprägten Vorstellungen von Authentizität, Legalität, Urheberschaft, künstlerischer Schöpfung sowie dem Stellenwert von Kreativität, Tradition und Innovation. Doch nicht nur das Konzept der Fälschung, auch die zahlreichen Zwischenstufen auf der Skala vom Authentischen bis hin zum Gefälschten (Keazor) müssen kulturell spezifisch betrachtet werden. Insbesondere wenn Objekte in einen anderen Kulturraum transportiert werden, stellt sich die Frage, wie und ob sich ihr Status vom Gefälschten zum Authentischen oder vice versa transformiert. Inwieweit verlangt also eine Auseinandersetzung mit Fälschungskonzepten in außereuropäischen Kulturen oder aus postkolonialer Perspektive einen differenzierteren Umgang mit dem Begriff?
3. Fälschungen und verwandte Phänomene: Sind Fälschungen als Mimesis von Mimesis sozusagen mimetische Verfahren zweiten Grades, denen der marginalisierende Makel des Nicht-Originären anhaftet? Folgt man dieser These, stößt man auf eine ganze Reihe verwandter Phänomene, die zwar keine Fälschungen im engeren Sinne darstellen, aber auf äquivalenten Produktions- und Rezeptionsprozessen wie dem Wiederholen, Übersetzen, Kopieren, Zitieren und Aneignen beruhen. Wie bei der Fälschung ist auch hier der Unterschied zwischen Bezugsmodell und Nachahmung häufig nicht mehr wahrnehmbar, doch haben sich selbstreflexive, spielerische Verfahren der Emanzipation vom Status des Nicht-Originären herausgebildet: Pastiche, Reenactment, Appropriation Art, Pseudo-Übersetzung, Mockumentary etc. Können diese Phänomene produktiv mit der Fälschung zusammengedacht werden? Und ist eine solche Perspektivverschiebung auch für die Fälschung selbst denkbar?

Wir bitten um Einsendungen aus den Literatur-, Musik-, Medien- und Theaterwissenschaften sowie der Kunstgeschichte und angrenzenden Fachbereichen. Einreichungen von NachwuchswissenschaftlerInnen und DoktorandInnen sind sehr willkommen. Vorträge sollen 30 Minuten umfassen und nach Möglichkeit in englischer Sprache gehalten werden. Kosten für Anreise, Unterkunft und Verpflegung können voraussichtlich anteilig übernommen werden.
Bitte senden Sie Ihr Abstract im Umfang von max. 2000 Zeichen sowie eine Kurzvita inklusive Kontaktdaten bis zum 15.03.2015 per E-Mail an forgery@lrz.uni-muenchen.de.

Beitrag von: Manuel Mühlbacher

Redaktion: Lars Schneider