Nachruf auf Herrn Prof. Dr. Eberhard Gärtner (9. September 1942 – 29. September 2022)
Herr Professor Dr. phil. habil. Eberhard Gärtner hatte von 1994 bis 2007 die Professur für spanische, hispanoamerikanische, portugiesische und brasilianische Sprachwissenschaft am Institut für Romanistik der Universität Leipzig inne und prägte das Profil des Instituts als Hochschullehrer und Sprachwissenschaftler.
Im November 2007 fand am Institut ein Ehrenkolloquium aus Anlass des 65. Geburtstages Eberhard Gärtners, das unter dem Thema „Sprache(n) leben“ stand, statt. Dieses Thema beschreibt in gleichsam idealer Weise sein Leben und Wirken, seine berufliche wie auch seine persönliche Leidenschaft.
Eberhard Gärtner war studierter Lateinamerikawissenschaftler. Im Jahre 1961 nahm er ein Studium der Französistik und Lateinamerikanistik an der Universität Rostock auf und blieb dieser „ersten Liebe“ ein Leben lang treu. Studierende und Kolleg:innen an den Universitäten Rostock, Dresden und Leipzig schätzten ihn in der Zeit seiner langjährigen akademischen Tätigkeit als Kenner fremder Sprachen, der mit seinem Detailwissen zum Spanischen, Portugiesischen, Französischen, Lateinischen, aber auch zum Russischen, Ungarischen und anderen Sprachen beeindruckte. Seine Begeisterung für sprachliche Strukturen, die er mit großer Akribie erforschte, gab er an seine Studierenden genauso weiter wie an seine Mitarbeiter:innen und an Wissenschaftler:innen in Deutschland und in vielen anderen Ländern, darunter insbesondere in Brasilien.
In seiner Zeit als Professor an der Leipziger Romanistik haben Institutsangehörige und Studierende Eberhard Gärtner stets als engagierten Hochschullehrer kennenlernen dürfen, der sich bleibende Verdienste in der akademischen Lehre und auch in der akademischen Selbstverwaltung erworben hat. In einem Klima von Neubeginn und Umbrüchen nach der Wiedervereinigung erfuhr er als kompetenter und jederzeit sachorientierter Kollege, aber auch als Mensch, bei dem man aufgrund seiner ausgleichenden und wohlwollenden Art gern Rat suchte, hohe Wertschätzung.
Seine Lehr- und Forschungsschwerpunkte legte er auf die Syntax des Spanischen und Portugiesischen, die Sprachvariation des Portugiesischen sowie die Geschichte der spanischen und luso-brasilianischen Grammatikographie. Beredtes Zeugnis seiner Untersuchungen der portugiesischen Sprache ist seine 1998 veröffentlichte Grammatik der portugiesischen Sprache. Dieses Opus bleibt bis heute Referenz für Generationen von Lusitanistinnen und Lusitanisten, die von Gärtners Wirken inspiriert wurden, und weckt weiterhin vor allem Neugierde auf die Grammatik des Portugiesischen im deutschsprachigen Raum. Zwei große Festschriften zum 60. und zum 65. Geburtstag spiegeln den Umfang Eberhard Gärtners nationaler und internationaler Kontakte sowie die Bewunderung wider, die ihm als Wissenschaftler und Lehrer entgegengebracht wurde.
Noch weitere 15 Jahre nach dem Eintritt in den Ruhestand konnte sich Eberhard Gärtner Sprache, Literatur, Musik und Geschichte widmen. Viel Kraft und Zuversicht wurden ihm und seiner Frau Hannelore dadurch geraubt, dass sie zweimal massiv vom Hochwasser in Dresden-Gohlis betroffen waren. Seine geliebten Bücher und seinen wunderschönen und liebevoll gepflegten Garten unter Wasser zu sehen, war zu schmerzhaft.
Eberhard Gärtner verstarb plötzlich und unerwartet am 29. September 2022 kurz nach seinem 80. Geburtstag.
Die Lusitanistik, der Deutsche Lusitanistenverband (DLV), die Universität Leipzig und das Institut für Romanistik verneigen sich vor dem großen Lusitanisten, einem authentischen Menschen, einem außerordentlich geschätzten Kollegen und Freund und seinem einzigartigen Lebenswerk, das besonders die deutschsprachige Lusitanistik nachhaltig prägte, weiterhin prägen wird und große Anerkennung in der gesamten portugiesischsprachigen Welt genießt.
Wir behalten ihn in dankbarer Erinnerung.
Unser aufrichtiges Beileid gilt seiner Ehefrau.
Prof. Dr. Benjamin Meisnitzer (Präsident des Deutschen Lusitanistenverbandes und Nachfolger von Professor Gärtner an der Universität Leipzig)
Dr. Christine Hundt und Dr. Cornelia Döll (wissenschaftliche Mitarbeiterinnen und jahrelange wissenschaftliche Weggefährtinnen von Prof. Dr. Eberhard Gärtner)
Beitrag von: Benjamin Lucas Meisnitzer
Redaktion: Robert Hesselbach