Stadt: Hamburg

Frist: 2023-10-31

Beginn: 2024-03-20

Ende: 2024-03-22

URL: https://uhh.de/slm-fjr24

Call for Papers
XXIX. Forum Junge Romanistik 2024: Kritische Perspektiven in der Romanistik
20.-22.03.2024
Universität Hamburg

Die Romanistik als Disziplin hat historisch gesehen eine wichtige Rolle in der Erforschung von Sprachen, Kulturen und Literatur gespielt. Doch in Zeiten gesellschaftlichen Wandels und erhöhter Sensibilität für soziale Ungerechtigkeiten und kulturelle Vielfalt ist es von entscheidender Bedeutung, kritische Perspektiven auf unsere Disziplin zu lenken. Die Romanistik kann und sollte als Werkzeug dienen, um bestehende Annahmen zu hinterfragen, versteckte Narrationen aufzudecken und zu einer inklusiveren Darstellung der verschiedenen Kulturen beizutragen, die sie erforscht. Romanist:innen tragen Verantwortung im gesellschaftlichen Kontext im Hinblick auf soziale Gerechtigkeit und Demokratiebildung auf globaler Ebene. In diesem Zuge kommt der Universität Hamburg, dem Standort des kommenden Forums, eine besondere Bedeutung zu, da die Aufarbeitung der Geschichte der Universität als ehemaliges Kolonialinstitut längst nicht abgeschlossen ist.
Das Forum dient der Präsentation eigener Forschung, dem fachlichen Austausch, themenbasierten Diskussionen sowie dem Aufbau neuer Netzwerke unter Nachwuchswissenschaftler:innen. Wir begrüßen deshalb neben der Präsentation von Ergebnissen abgeschlossener Forschungsprojekte auch die Diskussion nicht abgeschlossener Projekte und methodischer Arbeiten, um diesbezüglich voneinander zu lernen. Wir wollen einen Raum für eine Bandbreite an Themen und Methoden bieten, die traditionell weniger Beachtung gefunden haben und offen sein für Interdisziplinarität und kritische Standpunkte, Argumentationen und Themen. Das Forum gilt als Begegnungsort für ein angeregtes Miteinander im Kontext romanistischer Forschungen. Insbesondere streben wir Augenhöhe und Fehlertoleranz als Grundpfeiler unserer Kommunikation an.

Sektion Sprachwissenschaft 

Die sprachwissenschaftliche Sektion widmet sich zwei wichtigen Themenbereichen: Kritische Auseinandersetzung mit der linguistischen Forschung und kritische Auseinandersetzung mit dem Umgang mit Sprache(n) in Gemeinschaften. Innerhalb dieser Themenbereiche können sowohl soziolinguistische, sprachpolitische oder formale Schwerpunkte gesetzt werden, z.B. zu Sprachkontakt, zu sprachpolitischen Aspekten und zu Sprache als Forschungsgegenstand.
Mögliche Themen:

  • Sprachkontakt
    o Sprachkontakt auf individueller und gesellschaftlicher Ebene zwischen romanischen und/oder indigenen Sprachen
    o Mischsprachen, wie z.B. Kreolsprachen, Minderheitensprachen und wenig erforschte Varietäten: Kritische Auseinandersetzung mit gängigen Konzepten und Klassifizierungen (z.B. Prestige- / Nicht-Prestige-Sprachen)
    o Kritische Auseinandersetzung mit eindimensionalen Konzepten im Bereich Heritage Language und Bilingualismus, z.B. der Vergleich von bilingualen und monolingualen Sprecher:innen
    o Einfluss und Folgen von Kolonialisierung auf Individuen, Sprachgemeinschaften und letztendlich Sprachen
  • Sprachpolitische Aspekte
    o Kontrast zwischen Auswahl von Sprache in Unterricht, Forschung, Politik sowie Medien und individuellem Sprachgebrauch
    o Diskrepanz zwischen der Mehrsprachigkeitsforschung und dem Bewusstsein in der Gesellschaft
    o Community-sensible Sprache(n) und Diskriminierungen durch Sprache
    o Sprachwechsel in Gesellschaften
  • Sprache als Forschungsgegenstand
    o Kritische Auseinandersetzung mit in westlichen/industrialisierten Gesellschaften vorherrschenden Linguistiktraditionen (Theorien und Auswahl bestimmter Sprachen)
    o Translanguaging-Ansätze

Sektion Literatur- und Kulturwissenschaft

Wie werden (post)koloniale und patriarchale Machtstrukturen in Literatur und Kunst der Romania verhandelt?
Der Blick der Sektion soll sich dabei auf Phänomene richten, die diese Strukturen nicht getrennt voneinander betrachten, sondern im Sinne der Intersektionalitätsforschung unterschiedliche Ebenen der diskursiven Machtausübung in kulturellen Artefakten analysieren. Zu denken ist hierbei z.B. an die Frage, wie Konzepte von hegemonialer Männlichkeit mit kolonialen Strukturen in Verbindung gebracht werden und wie dies in Kunst und Literatur problematisiert wird. Dabei gilt es auch, unseren eigenen westeuropäisch geprägten Blick zu hinterfragen und u.a. danach zu fragen, welches Wissen wir über Macht und Geschlecht voraussetzen und möglicherweise zu Unrecht Artefakten aus anderen Kontexten aufzwingen. Auch die Wahl der in Forschung und Lehre betrachteten Texte bedarf eines kritischen Blickes, da der in Universität und Schule vermittelte Kanon womöglich Strukturen reproduziert, die (post)konialen oder patriarchalen Denkmustern entstammen: Welche Autor:innen und Werke werden nach wie vor nicht abgebildet? Die Sektion nimmt auch die Literatur des Mittelalters und der Frühen Neuzeit – eine Zeit in der die romanischsprachigen Länder als Kolonialmacht aktiv waren – in den Blick. Inwiefern ist der heutige Diskurs in diesen Ländern noch geprägt von kolonialen Denkstrukturen, die auf dieser Zeit zurückzuführen sind? Wie wurde Kritik an Sklaverei und Kolonialisierung in den Literaturen der Frühen Neuzeit verhandelt? Inwiefern boten frühneuzeitliche Gesellschaften Platz für Alteritäten? Die Sektion fördert explizit der Erforschung frühneuzeitlicher Kulturen anhand der Begrifflichkeiten der Intersektionalitätsforschung.
Als Fach hat die Romanistik aufgrund ihrer Vielsprachigkeit die besondere Chance, den globalen Süden und den globalen Norden zusammenzudenken und komparatistisch die Frage nach einer world literature zu stellen: Kann die Erforschung einzelner Sprach- und Kulturräume in einer globalisierten Welt nicht als obsolet gelten, da sie von Migration und Flucht aus und in unterschiedlichen sprachlichen und kulturellen Regionen geprägt ist? Wie begegnen Kunst und Literatur der oft konflikthaften Aushandlung von (post)kolonialem Erbe und Geschlecht in migrantischen Kontexten?
Mögliche Themen:

  • Aushandlungsprozesse von Identität(en) vor dem Hintergrund von (post)kolonialen und patriarchalen Machtstrukturen in Kunst und Literatur
  • Intersektionalität im Kontext (post)kolonial und patriarchal geprägter Kulturen
  • Phänomene der Hybridisierung aufgrund des Zusammentreffens unterschiedlicher kultureller, sozialer und sprachlicher Einflüsse
  • Einfluss von Flucht und Migration auf die Aushandlung eigener oder fremder Identität(en), z. B. hinsichtlich von Gender und Sexualität(en)
  • Frage nach der Macht von Wissen über Identität(en) und ihrer Verhandlung in Kunst und Literatur
  • Kanonbildung in der Romanistik, evtl. im Vergleich zu anderen Regionen

Sektion Didaktik

Welche Sprache(n) ist/sind „die richtige(n)“ für den romanischen Fremdsprachenunterricht? Woher stammt das darin vermittelte Wissen und wer konstruiert es? Was ist die „Zielkultur“?
Diesen und weiteren kritischen Fragen wollen wir uns in dieser Sektion annähern.
Unter einer kritischen Perspektive auf die Fremdsprachendidaktik verstehen wir dabei nicht nur mehrsprachige und interkulturelle Ansätze, sondern vor allem das übergeordnete Ziel, die Lernenden zur (Selbst-) Reflexion anzuleiten und somit demokratische Werte und soziale Gerechtigkeit zu fördern. Hierbei ist die kritische Pädagogik (critical pedagogies) eine der etablierten Formen der kritischen Perspektiven innerhalb der (Sprachen-) Didaktik. Das Bewusstwerden über Machtstrukturen und die daraus resultierende Reflexions- und Handlungsfähigkeit bieten vielfältige Potenziale für Beiträge zu einer sozial gerechteren Welt. Dafür muss sich die Fachdidaktik gegenüber sozialen, digitalen, historischen, ressourcenorientierten, sprachlichen und kulturellen Herausforderungen des 21. Jahrhunderts öffnen.
Wir begrüßen Einreichungen aus allen Bereichen der Fachdidaktik, die sich dem Fremdsprachenunterricht und seiner Erforschung aus einer kritischen Perspektive nähern.
Mögliche Themen:

  • Herangehensweisen an Diversitätsdimensionen wie Gender, Rassismus oder Religion (z.B. diversitätssensible, antidiskriminatorische Didaktiken, Empowerment)
  • Beiträge zum inklusiven Unterricht der romanischen Sprachen
  • Umgang mit Machstrukturen wie kolonialen und patriarchalen Strukturen im romanischen Sprachenunterricht
  • Fragestellungen zu mehrsprachigen und interkulturellen Ansätzen (interkulturelles Lernen, Plurale Ansätze, Translanguaging-Ansätze)
  • Beiträge zu einer kritisch-reflexiven Lehrkräfteprofessionalisierung
  • Herausforderungen und Chancen der Digital Literacy in der romanischen Fremdsprachendidaktik
  • Forschung zu und mit interdisziplinären Ansätzen sowie dem Dialog von Fachdidaktik und Fachwissenschaft(en)
  • Anwendung methodologischer Vielfalt (z.B. Kritische Diskursanalyse, Videographie, visuelle Methoden)

Wichtige Informationen

Wir freuen uns über Vorschläge für Vorträge (max. 300 Wörter plus Bibliographie) und zusätzlich eine Kurzbiographie (max. 100 Wörter) sowie 3-5 Keywords bis zum 31. Oktober 2023 an folgende Adresse: fjr24.slm@uni-hamburg.de.
Wir bitten darum, im Betreff der E-Mail die gewünschte Sektion zu nennen.

Als Konferenzsprachen sind das Deutsche, die romanischen Sprachen und das Englische vorgesehen. Voraussichtlich wird ein Konferenzbeitrag in Höhe von maximal 40 Euro erhoben, der die Teilnahme am Conference Dinner einschließt. Eine Publikation beim AVM-Verlag ist vorgesehen. Die Informationen werden auf dem Forum bekanntgegeben.

Weitere Informationen zu Teilnahmebeitrag, Anmeldefristen etc. sind in Kürze unserer Website zu entnehmen: https://uhh.de/slm-fjr24

Beitrag von: Lisa Marie Brinkmann

Redaktion: Robert Hesselbach