Stadt: Paderborn

Beginn: 2023-11-16

Ende: 1923-11-17

Netzwerk Lexikalische Kompetenz (NLK)
1. Symposium an der Universität Paderborn
(16./17.11.2023)
Lexikalische Kompetenz: Rückschau und neue Impulse (gefördert von der DGFF und der Universitätsgesellschaft Paderborn)
(Christoph Bürgel, Christiane Fäcke, Jochen Plikat)

Sowohl die im Zuge der kommunikativen Didaktik erfolgte Zurückstufung des Wortschatzes zu einer rein dienenden Funktion für Kommunikation als auch die durch die Kompetenzorientierung vorgenommene Fokussierung von (sprachlichen) Kompetenzen haben offensichtlich zu einer Vernachlässigung des Wortschatzes bzw. der lexikalischen Kompetenz beim Fremdsprachenlehren und Fremdsprachenlernen geführt (vgl. Bürgel/Siepmann 2010: 191, Plikat 2020). So weisen empirische Studien zu rezeptiven Wortschatzkompetenzen von Französischschülern, Französischstudenten und Französischlehrern seit Jahren erhebliche Defizite der genannten Gruppen nach (vgl. Bürgel/Siepmann 2010, 2012; Bürgel u.a. 2016, Bürgel 2020).
Doch wie Abel (2002: 14) zurecht betont, werden sprachliche Kompetenzen nur in dem Maße erreicht, wie man über den jeweils erforderlichen Wortschatz verfügt. Mehr noch: Die Fähigkeit, eine Fremdsprache auf hohem Niveau zu verstehen und sich flüssig, differenziert und angemessen in ihr äußern zu können – mit anderen Worten: die interkulturelle kommunikative Handlungsfähigkeit – , hängt entscheidend vom rezeptiv und produktiv verfügbaren Wortschatz ab. Diese im deutschen Diskurs offenbar in Vergessenheit geratenen Zusammenhänge sind seit den 1970er Jahren durch zahlreiche empirische Studien eindrücklich belegt worden (vgl. Pike 1979; Meara/Jones 1990; Staehr 2009; Bürgel/Siepmann 2012).
Es ist deshalb an der Zeit für eine Diskussion zum bisherigen, aktuellen und zukünftigen Stellenwert des Wortschatzes und Wortschatzlernens in der Theorie und Praxis des Fremdsprachenunterrichts. Zum einen sollen in einer Rückschau bisherige Entwicklungen in der Fremdsprachendidaktik zum Wortschatz kritisch-konstruktiv erörtert und zum anderen neue zukunftsweisende Ideen und Impulse zur Förderung lexikalischer Kompetenz entwickelt werden.
Exemplarisch sollen folgende Fragen im Fokus stehen:
• Wie ist der Stellenwert der lexikalischen Kompetenz in bisherigen und aktuellen theoretisch-konzeptionellen Entwicklungen der Fremdsprachendidaktik zu beurteilen?
• Wie haben sich welche bestehenden didaktischen Handlungskonzepte zum Aufbau lexikalischer Kompetenz bewährt?
• Wie ist es um die lexikalische Kompetenz von Fremdsprachenlernern bestellt?
• Wie kann lexikalische Kompetenz in der schulischen und hochschulischen Unterrichtspraxis effektiv und effizient gefördert werden?
• Wie können Strategien für den systematischen Aufbau lexikalischer Kompetenz in der Lehrerbildung vermittelt werden?
• Welcher Wortschatz wird in einschlägigen Lehrwerken vermittelt?
• Welcher Wortschatz soll gelehrt und gelernt werden bzw. welche empirisch abgesicherten Lernwortschätze stehen zur Verfügung?
• Welche neueren sprachwissenschaftlichen Erkenntnisse zur Konstrukt- und Formelhaftigkeit von Sprache können für das Wortschatzlehren und -lernen didaktisch nutzbar gemacht werden?

Literatur

  • Abel, Fritz (2002): „Eine wichtige Etappe auf dem Weg zur transparenten Zertifizierung von Fremdsprachenkenntnissen – nicht mehr“. In: Bausch, Karl-Richard / Christ, Herbert / Königs, Frank G. / Krumm, Hans-Jürgen (Hrsg.): Der Gemeinsame europäische Referenzrahmen für Sprachen in der Diskussion. Arbeitspapiere der 22. Frühjahrskonferenz zur Erforschung des Fremdsprachenunterrichts. Tübingen: Narr, 9–21.
  • Bürgel, Christoph (2020): „Je höher qualifiziert, desto besser? Rezeptive Phrasemkompetenzen von Französischlernenden“. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 31: 2, 207–234.
  • Bürgel, Christoph / Siepmann, Dirk (2010): „Was können Französischlehrer und Französischlerner? Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen auf dem Prüfstand“. In: Zeitschrift für Fremdsprachenforschung 21: 2, 191–216.
  • Bürgel, Christoph / Siepmann, Dirk (2012): „Wortschatz- und Hörverstehenskompetenzen von Französischlehrern und -studierenden“. In: Tinnefeld, Thomas (Hrsg.): Hochschulischer Fremdsprachenunterricht. Anforderungen, Ausrichtung, Spezifik. Saarbrücken: HTW Saar, 91–113.
  • Meara, Paul / Jones, Glyn (1990): Eurocentres Vocabulary Size Test User’s Guide. Zürich: Eurocen-tres.
  • Pike, Lewis W. (1979): An Evaluation of Alternative Item Formats for Testing English as a Foreign Lan-guage. TOEFL Research Reports No. 2. Princeton, NJ.
  • Plikat, Jochen (2020): „Lexikalische Kompetenz – Stiefkind der fremdsprachendidaktischen Forschung im deutschsprachigen Raum?“ In: Fremdsprachen Lehren und Lernen 49: 2, 114–129.
  • Staehr, Lars Stenius (2009): „Vocabulary knowledge and advanced listening comprehension in English as a foreign language“. In: Studies in Second Language Acquisition 31, 577–607.

Programm
Donnerstag, 16.11.2023
13:30 – 14:15 Uhr: Begrüßung und Einleitung
14:15 – 15:00 Uhr: Andreas Wirag (Georg-August Universität Göttingen): Das strukturalistische und neurokognitive L2-Wortmodell und ihr Einfluss auf den Fremdsprachenunterricht
15:00 – 15:45 Uhr: Ralf Gießler (Bergische Universität Wuppertal): Erkenntnisse der kognitiven Linguistik und ihre Relevanz für die Entwicklung lexikalischer Kompetenz
15:45 – 16:15 Uhr: Kaffeepause
16:15 – 17:00 Uhr: Peggy Schmidt (Ausbildungsstätte für das Lehramt an Gymnasien, Dresden): Wissens- und Könnensstufen zur Vermittlungskompetenz von Wortschatz in der Lehrkräftebildung
17:00 – 17:45 Uhr: Paulina Lehmkuhl (Bergische Universität Wuppertal): „Ich kenne das Wort, kann es aber nicht verwenden“ – Potential von Wortschatz-Apps für das selbstgestützte lexikalische Lernen im Fach Englisch

Freitag, 17.11.2023
9:00 – 9:45 Uhr: Stefanie Mühlbächer (Universität Paderborn): Die häufigsten Phraseme des Spanischen – Frequenzliste und didaktisch-methodische Implikationen
9:45 – 10:30 Uhr: Silvia Nania (Technische Universität Dresden): Phraseologische Kompetenz in Italienisch als Fremdsprache
10:30 – 11:00 Uhr: Kaffeepause
11:00 – 11:45 Uhr: Alexander Gahr (Universität Santiago de Compostela, Spanien): Analyse der Gebrauchsschwierigkeiten spanischsprachiger DaF-Lernender mit Verben mit Präpositionen
11:45 – 12.45 Uhr: Abschlussdiskussion

Beitrag von: Christoph Bürgel

Redaktion: Robert Hesselbach