CfP: Sektion 19 "Digitale Texte im Fremdsprachenunterricht lesen: autonom, differenziert, inklusiv", 39. Romanistiktag Konstanz 2025
Stadt: Konstanz
Frist: 2024-12-31
Beginn: 2025-09-22
Ende: 2025-09-25
URL: https://www.romanistiktag.de/xxxix-romanistiktag/sektionen/sektion-19/
Sektion 19: “Digitale Texte im Fremdsprachenunterricht lesen: autonom, differenziert, inklusiv”
39. Romanistiktag Universität Konstanz | 22.–25. September 2025
Der digitale Wandel in Schule und Gesellschaft hat neben technischen Neuerungen auch einen tiefgreifenden gesellschaftlichen Wendeprozess zufolge, der stark veränderte Kulturtechniken, Arbeits- und Rezeptionsweisen nach sich zieht. Mit der Technologisierung, (Massen-)Medialisierung und Globalisierung treten auch Mehrsprachigkeit, Diversität und Inklusion in den Fokus, die „aktuelle Entwicklungen und gesellschaftlichen Wandel, die veränderten Anforderungen an das Bildungswesen und die Gestaltung schulischer Leseförderung charakterisieren“ (Kerschhofer-Puhalo 2018, 164). Der digitale Raum ist ein mehrsprachiger Raum, der für eine erfolgreiche virtuelle Partizipation primär lesend betreten wird (Foren,Suchmaschinen, Social Media etc.). Aufgrund seiner Besonderheiten gestaltet sich das digitale Lesen jedoch oft als hinderlich, da Ablenkungsmechanismen wie Werbung, Pop- Ups, Einbezug von bewegten bzw. multimodalen Elementen wie Videos, Farbwechsel (z.B. Hyperlinks), zu kleine Schrift oder verschiedene Schriftarten, multiple und diskontinuierliche Texte etc. die Lektüre stören können, weshalb der Wechsel in ein vertieftes, intensives sinnentnehmendes Lesen behindert sein kann (Shibata/Omura 2020, 7). Auch die Textverarbeitung ist im digitalen Raum erschwert, da kaum Notizen oder Annotationen zur Erhöhung der Merkfähigkeit der gelesenen Elemente erfolgen können (vgl. Franke/Lachmund 2023). Außerdem muss stets der Überblick über die hohe Anzahl zugänglicher Quellen mit Blick auf das Leseziel behalten werden, die je nach eigenem Vorwissen, Interessen und Bedürfnissen konsumiert werden.
Eine ausgeprägte digitale Lesekompetenz ist somit nicht nur Schlüssel zur digitalen, sondern auch der kulturellen Teilhabe (vgl. Küchler/Roters 2014, 235). Für Menschen mit Neurodiversität wie ADHS,Legasthenie, Autismus/ASS und anderen Lese-Barrieren offenbart sich der digitale Leseraum jedoch als eine Umgebung voller potenzieller Hürden. (Digitale) Leseförderung ist, insbesondere vor dem Hintergrund des ab dem Jahr 2025 geltenden Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG), zu einem fächerübergreifenden Thema für Schule geworden, wobei die individuellen Bedürfnisse aller Lernenden hierbei eine Rolle spielen müssen.
Damit treten Fragen der digitalen Leseförderung in den Vordergrund, die im besonderen Maße den Fremdsprachenunterricht betreffen, erfolgt der Sprach- und Kulturkontakt im Internet doch mit authentischen Textquellen, die unter Anwendung verschiedener Lesestrategien erfasst und verstanden werden müssen.Besonders in der Fremdsprache äußert sich das digitale Leseverstehen als problematisch, da hierfür eine höhere kognitive Belastung und Aufmerksamkeitsfokussierung bei der Entschlüsselung unbekannter Lexik, Umgang mit diversenSprachregistern oder bei der erschwerten Wahrnehmung sprachlicher Fehler auf einem digitalen Endgerät in Anspruch genommen werden (Shibata/Omura 2020, 28).
Dies wirft Fragen nach einem inklusiven diversitätssensiblen Fremdsprachenunterricht auf – abseits traditioneller Differenzkonstruktion und Bildung von Defizitkategorien von ‘Behinderung’ / sonderpädagogischem Förderbedarf (Surkamp 2017, 314) – und wie dieser Lern- und Entwicklungsprozesseim Bereich Leseverstehen unter dem Abbau von Barrieren im Digitalen fördern kann. Denn Lerngruppen sind äußerst vielfältig und heterogen in ihren individuellen Voraussetzungen und Bedürfnissen, die sich imdigitalen Leseraum, der autonom und selbstbestimmt betreten wird, besonders deutlich zeigen (OECD 2021, 4).
Für die Fremdsprachendidaktik mit Blick auf die zweiten und dritten Schulfremdsprachen haben sich inden letzten Jahren Konzepte zum Umgang mit heterogenen Lernvoraussetzungen etabliert (vgl. Grünewald 2017, 78; Caspari/Holzbrecher 2016, 9), allerdings primär für analoge Unterrichtssettings. Eine fachspezifische Perspektive zur Verschränkung der Dimensionen Inklusion und digitale Leseförderung steht hingegen aktuell aus.
Die Sektion möchte sich der Frage widmen, ob die etablierten Differenzlinien (z.B. Leistungsfähigkeit, Lern- und Leistungsbereitschaft, Vorwissen, Sprachkenntnisse, Lernvoraussetzungen, Lernstil, Caspari/Holzbrecher 2016, 10–13) im Rahmen des digitalen Lesens weiterhin Gültigkeit behalten bzw. wie diese aktualisiert und ggf. erweitert werden müssen. Weiterhin gilt es ausgehend von empirischen Befunden, konzeptueller Forschung sowie Berichten aus Schul- und Hochschulpraxis folgende Fragestellungen in Bezugauf alle romanischen Sprachen zu diskutieren:
Wie steht es aktuell um die Bestrebungen eines inklusiven, differenzierenden und stärker individualisierenden Fremdsprachenunterrichts?
Wie nehmen Fremdsprachenlehrkräfte einen als inklusiv bezeichneten Fremdsprachenunterricht wahr (vgl. Küchler/Roters 2014, 245)?
Wie wirken sich Bestrebungen für einen inklusiven digitalen Leseunterricht im Planungsverhalten der Lehrkräfte aus? Welche veränderten Planungs- und Reflexionskompetenzen benötigen Fremdsprachenlehrkräfte (vgl. Greiten 2014, 109)? Und wie können Lehrkräfte beim Planen und Reflektieren eines inklusiven digitalen Leseunterrichts unterstützt werden?
Wie können durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz im Allgemeinen und Large Language Models im Besonderen Differenzierungsmaßnahmen im Fremdsprachenunterricht vorgenommen werden?
Wie kann mithilfe von Tools (z. B. Bionic Reading, Instapaper oder Readwise) das Lesen in der Fremdsprache für Lernende mit Beeinträchtigungen unterstützt werden?
Bitte reichen Sie Ihre Vortragsvorschläge (auf deutsch, englisch und allen romanischen Sprachen) im Umfang von maximal 4000 Zeichen, einschließlich Leerzeichen sowie bibliografischer und sonstiger Angaben, bis zum 31. Dezember 2024 per E-Mail ein: manufranke@uni-potsdam.de und anne-marie.lachmund@tu-dresden.de ein.
Beitrag von: Anne-Marie Lachmund
Redaktion: Robert Hesselbach