Revisionen und Reorientierungen in der Portugiesischdidaktik: didaktische Erfahrungen weltweit

Unterrichtserfahrungen sind auch soziale Erfahrungen, die überdacht und reflektiert werden müssen, um sie bisweilen reparieren und auf unterschiedliche Kontexte und Realitäten bezogen reorientieren zu können. Angesichts der globalen Bedeutung des Portugiesischen steht der Portugiesischunterricht auch im Fokus dieses 16. Deutschen Lusitanistenkongresses: Rückblicke, Reparaturen, Neuorientierungen.

Portugiesisch ist Amtssprache in neun Ländern, die der Gemeinschaft Portugiesischsprachiger Länder (CPLP) angehören. Die Rahmenbedingungen für den Portugiesischunterricht sind in diesen Ländern nicht identisch: In Portugal wird Portugiesisch in den Schulen als Muttersprache und als „língua de acolhimento“ für Geflüchtete und Zuwanderer unterrichtet. In Brasilien, wo die meisten Portugiesisch sprechenden Menschen leben, wird Portugiesisch nicht nur als Muttersprache und als Sprache der Zuwanderung (wiederum „língua de acolhimento“) unterrichtet, sondern es ist auch Teil der Realität des bilingualen Unterrichts für viele indigene Gemeinschaften und andere Minderheitengruppen. Alle offiziell portugiesischsprachigen Länder Afrikas (PALOP) sind mehrsprachig und der Kontakt zwischen Portugiesisch und den lokalen Sprachen schafft in jedem dieser Länder eine eigene Realität, in der Portugiesisch mehr oder weniger gesprochen und in den Schulen unterrichtet wird. Dies ist auch die Realität in Osttimor, wo nur eine Minderheit der Bevölkerung Portugiesisch als Muttersprache spricht, das Bildungssystem aber zweisprachig ausgerichtet ist (Portugiesisch und Tetum). In Macau liegt wiederum eine andere Realität vor. Obwohl Portugiesisch dort offizielle Sprache ist, taucht sie immer wieder in der Sprachlandschaft auf, sie ist aber nicht die Unterrichtssprache in den Schulen.

Portugiesisch wird aufgrund seiner wirtschaftlichen Bedeutung, vor allem wegen der BRICS, oder angesichts der hohen Zahl von CPLP-Einwanderern in anderen Ländern, auch in vielen anderen geographischen Kontexten als Fremdsprache oder Herkunftssprache unterrichtet. So kann man derzeit ein großes Interesse und eine wachsende Zahl asiatischer Universitäten beobachten, die in den letzten zwei Jahrzehnten Abteilungen für portugiesische Sprache eingerichtet haben, wo die Sprache nicht nur unterrichtet wird, sondern auch Lehrkräfte ausgebildet werden. In theoretischer Hinsicht ist es in diesem Zusammenhang wichtig zu erörtern, in welchen Kontexten das Portugiesische als plurizentrische Sprache unterrichtet wird (Clyne, 1992, für Portugiesisch als nicht-muttersprachliche Sprache vgl. z.B. Koch / Reimann 2019, Döll / Hundt / Reimann 2022) und wie die Verwendung ihrer lokalen Variante auch im Unterricht gefördert werden kann.

Wiederum eine andere Situation stellt sich in Europa, insbesondere in Deutschland dar: Hier wird Portugiesisch in verschiedenen Kontexten und aus verschiedenen Motivationen häufig als Fremdsprache erlernt (z.B. kulturelle Gründe, aber etwa auch beruflich-humanitäre Zielsetzungen wie Famulaturen in der Medizin). Nicht zuletzt entsteht in den von Zuwanderung geprägten europäischen Gesellschaften ein neues Bewusstsein für Portugiesisch als Herkunftssprache, wobei die Schülerinnen und Schüler beispielsweise in Deutschland nicht mehr ausschließlich oder weit überwiegend aus Portugal, sondern etwa auch aus Brasilien oder verschiedenen afrikanischen Regionen stammen und über entsprechende Varietäten als mögliche Familiensprachen im Hintergrund verfügen.

Diese Sektion soll Fachdidaktikerinnen und Fachdidaktiker des Portugiesischen als Fremd- und Zweitsprache sowie Portugiesischlehrkräfte aus all diesen verschiedenen Kontexten, in denen die portugiesische Sprache unterrichtet wird, zusammenführen. Sie soll international ausgerichtet sein und den Austausch von Lehr- und Forschungserfahrungen auf dem Gebiet der Portugiesischdidaktik in verschiedenen Umgebungen und mit unterschiedlichen methodischen Ansätzen ermöglichen. Wir freuen uns daher über empirische bzw. theoretische Beiträge zu folgenden Bereichen und unter Verwendung verschiedenster Lehrmethoden (Leffa, 1988):

  • Portugiesisch als Muttersprache oder Nicht-Muttersprache (Tavares, 2007, vgl. jüngst Koch / Reimann 2024),
  • Portugiesisch als Herkunftssprache (Cummins, 1983, für Portugiesisch vgl. z.B. Melo-Pfeifer 2016),
  • Portugiesisch als Sprache der Zuwanderung / língua de acolhimento (Ançã 2008; Cabete 2010; Grosso 2010),
  • Portugiesisch als additional language / língua adicional (Neves, 2012, 2020),
  • Portugiesisch als Zweitsprache (Christiano, 2007),
  • Portugiesisch als Fremdsprache (QCERL, 2002)

Vorschläge für Beiträge senden Sie bitte direkt an die Sektionsleitung:

Daniel Reimann: daniel.reimann@hu-berlin.de
Karin Noemi Rühle Indart: jkindart@yahoo.com.br
Gianluca Campos Sardo: gianluca.campos_sardo@uni-saarland.de

Reichen Sie bitte Ihre Beiträgsvorschlage bis zum 15. März 2025 ein.

Auswahlbibliographie

Ançã, M.H. (2008), Língua portuguesa em novos públicos, Saber (e) Educar, n. 13, 71-87.

Cabete, M.A. (2010), O processo de ensino-aprendizagem do português enquanto língua de acolhimento, Universidade de Lisboa, Lisboa.

Christiano, C. C. (2017), A Prática do Ensino do Português como Língua Estrangeira. Macau: Ed. 1.

Clyne, Michael. 1992. “Pluricentric languages – Introduction”, in: Michael Clyne (ed.): Pluricentric Languages. Differing Norms in Different Nations. Berlin/New York: De Gruyter, 1-9.

Cummins, Jim. (1983). Heritage Language Education: A Literature Review.
Toronto: Ontario Dept. of Education.

Döll, Cornelia / Hundt, Christine / Reimann, Daniel (edd.) (2022): Pluricentrismo e heterogeneidade – O Ensino do Português como Língua de Herança, Língua de Contato e Língua Estrangeira. Tübingen: Narr 2022.

Grosso, M. J. (2010), Língua de acolhimento, língua de integração. Revista Horizontes de Linguística Aplicada, v. 9, n. 2, 61-77.

Koch, C. / Reimann, D. (edd.) (2019): As Variedades do Português no Ensino de Português Língua Não Materna. Tübingen: Narr.

Koch, C. / Reimann, D. (edd.) (2024): Novas perspetivas na didática do português como língua adicional: políticas educacionais – currículos – aplicações. Tübingen: Narr.

Leffa, V. J. (1988). Metodologia de Ensino de Línguas. In Bohn, H. I.; Vandresen, P. (ed.): Tópicos em Linguística Aplicada: O ensino de línguas estrangeiras. Florianópolis: Ed. Da UFSC.

Melo-Pfeifer, S. (ed.) (2016): Didática do Português Língua de Herança. Lisboa: Lidel.

Neves, A. C. (2012), Língua Adicional: Contextos e Continua. Polissema – Revista de Letras do ISCAP, Vol. 12. 11-37.

Neves, A. C. (2020). Portuguese as an Additional Language. Cham (CH): Springer.
selho da Europa (ed.). Lisboa: Edições ASA.

Souza, A. / Melo-Pfeifer, S. (edd.) (2021): Portuguese as a heritage language in Europe. A pluricentric perspective. São Paulo: Pontes.

Tavares, C. F. (2007). Didática do Português Língua Materna e Não Materna no Ensino Básico. Porto: Porto Editora.

Beitrag von: Gianluca Campos Sardo

Redaktion: Robert Hesselbach