Les mères (post-)migrantes – représentations esthétiques dans les pays germanophones et francophones / (Post-)Migrantische Mütter – ästhetische Inszenierungen im deutsch- und französischsprachigen Raum
Stadt: Clermont-Ferrand
Frist: 2025-12-31
Beginn: 2026-09-23
Ende: 2026-09-24
In Deutschland hat mehr als jede dritte Mutter mit minderjährigen Kindern eine Zuwanderungsgeschichte, rund vier Fünftel dieser Mütter sind selbst zugewandert (Gambaro et al. 2024). In Frankreich ist die Hälfte der Menschen mit Migrationshintergrund weiblich: die Geburtenrate unter Frauen mit Migrationshintergrund ist dabei signifikant höher als der von Frauen ohne Migrationserfahrung (Reynaud/INSEE 2023). Mütter, die selbst in den deutschrespektive französischsprachigen Raum Europas migrierten oder deren Eltern Migrationserfahrungen machten, sind also längst zur Normalität unserer post-migrantischen Gesellschaften. Dennoch werden Frauen und insbesondere aber Mütter mit Migrationsgeschichte in öffentlichen Diskursen wie im literatur-, medien- und kulturwissenschaftlichen Kontext oft weiterhin viel zu wenig beachtet (Hertrampf/Nohe/Hagen 2021, pp. 13-14). Dabei sind ihre Herausforderungen von besonderer Art: Besonders prekär ist
die Situation von sogenannten illegal eingewanderten Frauen, die schwanger oder mit kleinen Kindern in Übergangsunterkünften oder sogar auf der Straße leben (Bremer 2023). Weniger existentiell, gerade hinsichtlich des Selbstbildes und der Identitätskonstruktion jedoch nicht
weniger herausfordernd ist die sprachliche, kulturelle und religiöse Erziehung von Kindern in einem anderskulturellen Kontext (Boukhobza 2003). Die belgische Gruppe Entre-Mères (https://eyadasbl.be/entre-meres-migrantes/) sowie die deutsche Initiative My Migrant Mama
(https://www.mymigrantmama.com/) versuchen über ihre Storytelling-Projekte migrantische Mütter (und deren Kinder) zu empowern und die nationalen Migrationsnarrative im Sinne einer postmigrantischen Gesellschaft umzuschreiben. Migrationsnarrative von migrantischen
Müttern bzw. über Mütter mit Migrationsgeschichte finden sich aber auch in vielfältiger Weise in Literatur, graphischem Erzählen und Film – sowohl für Erwachsene, Jugendliche als auch Kinder.
Im Zentrum der Tagung steht die transdisziplinäre Erforschung von Darstellungen von Müttern mit Migrationshintergrund in deutsch- und französischsprachigen literarischen Texten, Filmen und Graphic Novels der letzten drei Jahrzehnte. Dabei werden sowohl die Fremd- als auch die
Eigenperspektive berücksichtigt, d.h. es werden sowohl Werke von Autor*innen, die selbst Migrationserfahrung haben, als auch Werke von Autor*innen ohne Migrationserfahrung untersucht. Der zeitliche Fokus ergibt sich daraus, dass unter anderem untersucht werden soll,
inwiefern sich die ästhetische Darstellung von Müttern mit Migrationshintergrund mit der zunehmenden ,Normalisierung‘ von Menschen mit Migrationsbiografie vor dem Hintergrund unterschiedlicher migrations- und integrationspolitischer Gegebenheiten in germano- und
frankophonen Ländern verändert hat.
Die komparatistisch konzipierte Tagung verfolgt zwei Ziele : In kultursoziologischer Hinsicht soll die Analyse der (semi-)fiktionalen Narrative über migrantische Mutterschaft Aufschluss darüber geben, inwiefern die erlebten Lebenswelten von Müttern mit Migrationsgeschichte in
unterschiedlichen Ländern im Sinne der postmigrantischen Gesellschaft (Foroutan 2018) als kultur- und gesellschaftsbereichernde Normalität betrachtet werden. In literatur- und medienwissenschaftlicher Hinsicht soll mit der Fokussierung auf ,andere’ Konzepte von Mutterschaft sowie auf (post-)migrantische Mütter ein weiterer Beitrag zur Neuperspektivierung literarischer und filmischer Mutterdarstellungen fern der traditionellen Topoi geleistet werden (im Anschluss bspw. an Hertrampf 2024).
Bibliographie
Boukhobza, Noria (2003): „Le paradoxe des mères migrantes“. Empan 51, p. 118-123.
Bremer, Ulrike (2023): Helfen gegen Widerstände. Die Ärztinnen von Montfermeil/Mères migrantes: des femmes médecins s’engagent, Dokumentarfilm ARTE.
Foroutan, Naika (2018): « Die postmigrantische Perspektive. Aushandlungsprozesse in pluralen Gesellschaften », in: Hill, Marc/Yıldız, Erol (dir.): Postmigrantische Visionen. Erfahrungen – Ideen – Reflexionen, Bielefeld : transcript, p. 15-27.
Gambaro, Ludovica/Gutu, Lidia/Schmitz, Sophia et al. (dir.) (2024): Mütter mit Zuwanderungsgeschichte. Ihre Erwerbs- und Sorgearbeit, Geschlechternormen und schulischen Unterstützungsleistungen, Wiesbaden: Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung (BiB).
Hertrampf, Marina Ortrud (dir.) (2024): Mater Genetrix. Les images de la mère dans la littérature contemporaine d’expression française, Berlin: De Gruyter 2024, DOI: 10.1515/9783111558752.
Hertrampf, Marina Ortrud/Nohe, Hanna/Hagen Kirsten von (dir.) (2021): Au carrefour des mondes | An der Schnittstelle der Welten. Récits actuels de femmes migrantes | Aktuelle Narrative von migrierenden Frauen, München: AVM.
Reynaud, Didier (Insee (2023): „Combien les femmes immigrées ont-elles d’enfants ?“, https://www.insee.fr/fr/statistiques/6801884 (9/4/2025).
Bitte senden Sie Ihren Vortragsvorschlag (max. 400 Wörter) und eine Biobibliographie (ca. 200 Wörter) bis spätestens 31. Dezember 2025 an Anne-Sophie GOMEZ (a-sophie.gomez@uca.fr)
UND Marina Ortrud HERTRAMPF (marina.hertrampf@uni-passau.de).
Vortragssprachen sind Deutsch und Französisch.
Die Publikation der Tagungsakten ist anvisiert.
Informationen über die Annahme/Absage erfolgen im Februar 2026.
Organisation:
Anne-Sophie Gomez (Université Clermont Auvergne) und Marina Ortrud Hertrampf (Universität Passau)
Wissenschaftlicher Beirat:
Cécilia Brassier (Université Clermont Auvergne)
Catherine Milkovitch-Rioux (Université Clermont Auvergne)
Nathalie Vincent-Munnia (Université Clermont Auvergne)
Beitrag von: Marina Ortrud Hertrampf
Redaktion: Robert Hesselbach