Frist: 2025-10-25

Call for Papers für Der Fremdsprachliche Unterricht Spanisch (2026):
Lesen, recherchieren, genießen – digitale Texte im Spanischunterricht

Der digitale Wandel in Bildung und Gesellschaft hat neue Textformate hervorgebracht, die für den Fremdsprachenunterricht besondere Chancen, aber auch Herausforderungen darstellen. Hierbei wird wiederkehrend das digitale Lesen als Schlüsselkomponente angeführt. Dies ist nicht nur vor dem Hintergrund aktueller Debatten rund um die Ausweitung vs. Reduzierung der Digitalisierung im Schulsystem, wie sie in Dänemark oder Schweden (u. a. Karolinska-Institut 2023) geführt werden, einzuordnen.
Mit dem erweiterten Kompetenzmodell für den Fremdsprachenunterricht der Sekundarstufe I (KMK 2023) sind neben dem transversalen Kompetenzbereich der fremdsprachenspezifischen digitalen Kompetenz auch (wieder) das literarisch-ästhetische Lernen in den Vordergrund gerückt, weshalb das anvisierte Heft eben jene beiden Kompetenzbereiche in den Fokus setzen möchte.
Denn digitale Texte zeichnen sich nicht nur durch einen Transfer analoger Formate aus, sondern sind von Multimodalität, Hypertextualität und Hybridität geprägt (vgl. Winko 2005; Naji 2021). Damit verändern sich auch die Anforderungen an die Lesekompetenzförderung im Spanischunterricht (vgl. Franke & Lachmund 2024; Franke, Höfler & Lachmund 2024). U. a. Caspari (2025) diskutiert, ob digitales Lesen – gemäß des Konzepts der Metaliteracy (Mackey & Jacobson 2014) als Zusammenspiel von Lese-, Medien- und Partizipationskompetenz verstanden – als gänzlich neue Fertigkeit zu deklarieren sei.
Digitale Spezifika wie Hyperlinks, visuelle Layouts oder interaktive Elemente verändern nicht nur das Lesen spanischsprachiger Texte, sondern auch das Recherchieren und Genießen. Digitale Texte können erhebliche Auswirkungen auf den Leseprozess haben, zudem beeinflussen die Aufgabenstellungen und der Lernstand z. B. die eingesetzten Lesestrategien; Navigation und Hyperlinks bergen das Risiko der Ablenkung usw. und können das Lesen gleichzeitig bereichern (vgl. Reiber-Kuijpers, Kral & Meijer 2021; Shibata & Omura 2020; Lim & Toh 2020). Insbesondere der Einsatz diverser Hilfsmittel muss für den fremdsprachendidaktischen Kontext gesondert berücksichtigt werden. Um den Facetten des digitalen Lesens über das bloße Lesen auf dem Bildschirm (vgl. Coiro 2020) hinaus gerecht zu werden, bedarf es eines multifaktoriellen heuristischen Modells, das die komplexen Wechselwirkungen zwischen Textsorten, Aufgabenstellungen und Kontexten berücksichtigt. Dies ist vor allem im Spanischunterricht relevant, da digitales Lesen metastrategisches Handeln, kritische Quellenbewertung und den reflektierten Umgang mit Hypertexten einschließt (vgl. ebd.; Franke & Lachmund 2024). Darüber hinaus spielt der Genuss beim digitalen Lesen eine zentrale Rolle, da Leseflow dann entsteht, wenn Lernende Texte ohne ständige Unterbrechung verstehen und sich ganz in die Lektüre vertiefen können (deep reading). Wird der Lesefluss ermöglicht, kann sich ein Gefühl des Genießens einstellen und eine Resonanzbeziehung (Rosa & Endres 2016) entstehen: Texte werden nicht nur als sprachliche Übung, sondern als bereichernde Erfahrung wahrgenommen.

Für das geplante Themenheft möchten wir diese theoretische Diskussion mit praxisorientierten Beiträgen für den Spanischunterricht zusammenführen. Im Zentrum stehen dabei drei Lesemodi:
• Recherchieren: z. B. digitale Rechercheaufgaben, Umgang mit Hyperlinks, (KI-)Quellenkritik, Suchmaschineneinsatz, Social Media
• Genießen: z. B. Arbeit mit Netzliteratur wie Instapoesía oder Wattpad, Fan Fiction, blogs literarios, BookTok, Bookstagram, Strategien zum vertieften digitalen Lesen, digital storytelling
• Kommentieren: z. B. Blogs oder Social-Media-Posts lesen, verstehen und reflektieren, partizipative Schreib- und Kommentarkulturen.

Erwünscht sind Beiträge mit konkreten Unterrichtsvorschlägen, die zeigen, wie diese Lesemodi im Spanischunterricht umgesetzt werden können – gerne auch mit Blick auf Differenzierung, Inklusion und Strategieentwicklung. Das Heft geht der Frage nach, wie im Spanischunterricht die transversalen Kompetenzbereiche der fremdsprachenspezifischen digitalen und der literarisch-ästhetischen Kompetenz (KMK 2023) zielgerichtet miteinander verwoben und bereits von Beginn des Sprachenlernens an gefördert werden können. Aus diesem Grund sind neben Praxisbeispielen für die Sekundarstufe II ausdrücklich auch solche für die Sekundarstufe I von Interesse.

Neben einem Textteil (ca. 2-4 Druckseiten) soll/kann jeder Artikel 2-4 Seiten Material liefern (Kopiervorlagen wie etwa hojas de trabajo). Die Beiträge können auf Deutsch oder auf Spanisch verfasst sein. Die hojas de trabajo sind in der Zielsprache Spanisch zu verfassen.

Zeitplan:
Spätestens bis 25. Oktober 2025: Einreichen eines kurzen (!), aussagekräftigen Exposés (ca. eine halbe bis höchstens eine Seite):
Vorstellung der Idee und geplanter Umfang des Materials; Lerneralter/Lernjahr, Skizze des geplanten Unterrichtskonzepts
15. November 2025: Redaktionskonferenz: Auswahl der Beiträge für das Heft mit dem Ziel einer Schwerpunktsetzung; kurz danach Benachrichtigung, ob das Beitragsangebot angenommen wurde oder nicht und bei Annahme weitere Hinweise
Dezember-März 2026: Verfassen der Artikel
31. März 2026: Abgabe der Artikel
25. April 2026: Redaktionskonferenz: Besprechung der Artikel und des eventuellen Überarbeitungsbedarfs
Anschließend: Eventuelle Überarbeitung der Artikel
15. Juni 2026: Abgabe der überarbeiteten Artikel

Bitte schicken Sie Ihre Beitragsvorschläge an:
anne-marie.lachmund@tu-dresden.de

Wir freuen uns auf Ihre/Eure Ideen und Vorschläge!
Manuela Franke & Anne-Marie Lachmund

Literatur
Caspari, D. (2025): Digitales Lesen im Fremdsprachenunterricht. Annäherung an eine (neue?) Fertigkeit. Vortrag am Studientag Romanische Sprachen 1./2./3. Phase an der Freien Universität (4.7.2025). https://www.geisteswissenschaften.fu-berlin.de/we05/romandid/Veranstaltungen/Studientag/sonstige-Materialien/Caspari-_2025__-Digitales-Lesen_Studientag-FU.pdf (26.08.2025).
Coiro, J. (2020): Toward a multifaceted heuristic of digital reading to inform assessment, research, practice, and policy. Reading Research Quarterly, 56(1), 9–31.
Franke, M. & Lachmund, A.-M. (2024): Digitales Lesen im Fremdsprachenunterricht. Tübingen: Narr Francke Attempto.
Franke, M., Höfler, E. & Lachmund, A.-M. (2024): Digital vernetzt (leben, lernen, lesen). In: Dies. (Hg.): Spanischunterricht digital. Interaktion, Interdisziplinarität, Intertextualität. Berlin: Frank & Timme, 9-26.
Karolinska-Institut (2023): Entscheidung über den Vorschlag für eine nationale Digitalisierungsstrategie für das Schulsystem 2023-2027. https://die-pädagogische-wende.de/wp-content/uploads/2023/07/Karolinska-Stellungnahme_2023_dt.pdf (26.08.2025).
KMK = Kultusministerkonferenz (2023): Bildungsstandards für die erste Fremdsprache (Englisch/Französisch) für den Ersten Schulabschluss und den Mittleren Schulabschluss. www.kmk.org/fileadmin/veroeffentlichungen_beschluesse/2023/2023_06_22Bista-ESA-MSA-ErsteFremdsprache.pdf (26.08.2025).
Lim, F. V. & Toh, W. (2020): How to teach digital reading? Journal of Information Literacy, 14(2), 24–43. http://dx.doi.org/10.11645/14.2.2701.
Mackey, T. P. & Jacobson, T. E. (2014): Metaliteracy. Reinventing information literacy to empower learners. Chicago: Neal-Schuman.
Naji, J. (2021): Digital poetry. Cham: Springer.
Reiber-Kuijpers, M., Kral, M., & Meijer, P. (2021): Digital reading in a second or foreign language: A systematic literature review. Computers & Education, 163(3), 104115.
Rosa, H. & Endres, W. (2016): Resonanzpädagogik. Wenn es im Klassenzimmer knistert. Weinheim, Basel: Beltz.
Shibata, H. & Omura, K. (2020): Why Digital Displays Cannot Replace Paper: The Cognitive Science of Media for Reading and Writing. Singapore: Springer.
Winko, S. (2005): Hyper – Text – Literatur. Digitale Literatur als Herausforderung an die Literaturwissenschaft. In: Dies. / Segeberg, H. (Hg.): Digitalität und Literalität. Zur Zukunft der Literatur. München: Fink, 137-157.

Beitrag von: Anne-Marie Lachmund

Redaktion: Robert Hesselbach